Ende der Corona-Isolationspflicht: Als wäre die Pandemie zu Ende

Vier Bundesländer haben die Isolationspflicht für Corona-Infizierte gekippt. Nicht zuletzt wegen der Akzeptanz ist das überflüssig und kontraproduktiv.

Tropfen fällt in eine Ausbuchtung beim Coronatest

Ein Corona-Antigentest Foto: Marijan Murat/dpa

Corona ist kein bestimmendes Thema mehr. Niemand geht nur noch wegen für unzumutbar gehaltener Infektionsschutzmaßnahmen auf die Straße. Die wenigen Vorgaben, die noch gelten, werden hingenommen oder schlicht nicht eingehalten. Die Leute haben andere Probleme. Wenn einzelne Lan­des­po­li­ti­ke­r:in­nen jetzt vorpreschen und die Isolationspflicht beenden, setzen sie damit ein Thema, das gar keines ist. Das ist politischer Aktionismus ohne Not.

Es stimmt, dass die Coronazahlen rückläufig sind. Dass jetzt keine neue besorgniserregende Variante kommt, die Verläufe also mild bleiben und sich die Infektionszahlen dank bestehender Bevölkerungsimmunität auf niedrigem Niveau einpendeln, ist ein zulässiges Szenario. In diesem Szenario ist eine Aufhebung der Isolationspflicht tatsächlich medizinisch vertretbar.

Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, dass der aktuelle Einfluss dieses Schritts auf das Infektionsgeschehen gering sein dürfte. Aber kein Mensch kann seriös vorhersehen, was in Sachen Corona im Winter wirklich noch auf uns zukommt. Die mittel- und langfristigen Folgen von Long Covid werden mangels ausreichender Erforschung ohnehin ausgeblendet.

Daher jetzt, am Beginn der Wintersaison, eine Maßnahme aufzuheben, die offenbar kaum jemand als Zumutung empfunden hat, ist wirklich eine seltsame politische Herangehensweise. Mit der Aufhebung der Isolationspflicht zur Unzeit wird suggeriert, die Infektionskrankheit Covid-19 sei noch harmloser, als es der Großteil der Bevölkerung ohnehin schon glaubt.

Es gibt ein geltendes Infektionsschutzgesetz. Und bevor das im April ausläuft, müssen alle verbliebenen Corona-Schutzmaßnahmen auf den Prüfstand. Im Februar, März wäre daher der richtige Zeitpunkt gewesen für eine breite politische und medizinisch fundierte Diskussion, ob die Pandemie nun beendet ist und wir entsprechend alle weiteren Einschränkungen für unberechtigt halten. Dies jetzt zu tun, ist nicht nur fragwürdiger Aktionismus. Es verschiebt auch den Fokus in die falsche Richtung.

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Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.

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