Strafen für Ak­ti­vis­t:in­nen: Und was ist mit dem Klima?

Die Union will Straßenblockierer härter bestrafen. Als Opposition müsste sie aber eigentlich die lahme Klimapolitik der Ampel anprangern.

Aktivisten der Letzten Generation bei einer Straßenblockade

Aktivisten der Letzten Generation bei einer Straßenblockade Foto: Christian Mang/rtr

Die Bild-Zeitung freut sich schon. In dieser Woche will die CDU/CSU einen Antrag in den Bundestag einbringen, der „Mindestfreiheitsstrafen“ für Stra­ßen­blo­ckie­re­r fordert, wenn sie die Durchfahrt von Rettungsdiensten behindern. Außerdem soll bei Wie­der­ho­lungs­tä­te­r:in­nen „Unterbindungsgewahrsam“ verhängt werden können. Die Details sind noch unklar: Wie hoch soll die „Mindestfreiheitsstrafe“ denn sein? Soll auch die Strafaussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich sein? Und wie soll der Bundestag präventiven Gewahrsam regeln, wenn für die Gefahrenabwehr doch die Bundesländer zuständig sind? Will die Union gleich das Grundgesetz ändern – oder es einfach nur ignorieren?

Doch darauf kommt es den Prot­ago­nis­t:in­nen dieser Ideen vermutlich gar nicht an. Für sie ist vor allem die Richtung wichtig: Härtere Strafen für Klima-Kleber! Das werden wir noch oft zu hören bekommen. Vermutlich wird die Union ihren Antrag so formulieren, dass die Ampelkoalition ihn nur ablehnen kann. Und dann ist jede Blockade der Letzten Generation zugleich eine „Ampel-Blockade“. Ganz nach der Unions-Losung der 1990er Jahre, ohne Abschaffung des Asylrechts sei „jeder Asylant ein SPD-Asylant“.

Die Koalition kann natürlich kontern, der Union vorhalten, dass sie die Justiz missachtet. Schließlich wären ja heute schon härtere Strafen möglich. Bei Nötigung können nach derzeitiger Rechtslage Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verhängt werden. Kommt wegen einer Blockade fahrlässig ein Mensch zu Tode, sind sogar fünf Jahre Gefängnis möglich.

Doch über einen Fall, bei dem Rettungsfahrzeuge behindert wurden, musste die Justiz noch gar nicht entscheiden. Es wirkt, als wolle die Union generell Geldstrafen für die Blockaden verhindern. Die Justiz könnte dann nicht mehr die Strafen verhängen, die sie bisher schuldangemessen findet.

Der angekündigte Unions-Vorschlag wirft aber nicht nur Fragen an die CDU/CSU auf, sondern auch an die Letzte Generation. Wie kann es sein, dass zu Beginn der Klimakonferenz in Ägypten nun alle über höhere Strafen für Straßenblockaden reden und niemand über die mangelhafte Klimapolitik der Bundesregierung? Ist die Strategie des zivilen Widerstands damit nicht voll nach hinten losgegangen? Geht es der Letzten Generation um Klimaschutz, oder wollen sie vor allem ins Lehrbuch für Moralethik eingehen?

Als Opposition müsste die Union eigentlich die zu zögerliche Klimapolitik der Koalition angreifen. Das entspricht aber nicht ihren Interessen. Dank der Letzten Generation hat sie nun ein anderes Ziel für ihre Attacken.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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