Fonds gegen Rohstoffverschwendung: Mehr Kosten für Einmalplastik

Unternehmen sollen sich künftig an der Abfallbeseitigung beteiligen. Betroffen sind die Tabakindustrie und Einweg-Produzenten.

Ein voller Mülleimer in einem Park

Für die Müllbeseitigung müssen künftig auch die Hersteller zahlen Foto: Frank Sorge/imago

Dutzende aufgerauchte Zigarettenstümmel und ein umgekippter Kaffeebecher neben einem vollen Mülleimer. Um solche Abfälle künftig zu vermeiden, müssen sich Hersteller von Einwegprodukten ab 2025 an deren Entsorgung beteiligen.

Das Bundeskabinett hat am Dienstag ein Gesetz zum Aufbau eines Einwegkunststofffonds auf den Weg gebracht. Danach müssen Unternehmen, die Einwegplastik, Feuchttücher oder Tabakfilter produzieren, eine jährliche Abgabe in einen Fonds einzahlen. Verwaltet wird dieser Fonds vom Umweltbundesamt. Kommunen, die für Sammlungs- und Reinigungskosten zuständig sind, können daraus Geld beziehen und so einen Teil ihrer Kosten decken. Die Einnahmen des Fonds werden auf jährlich bis zu 450 Millionen Euro geschätzt.

Rohstoffverschwendung wie Einwegplastik trage dazu bei, „die weltweite Verschmutzungskrise anzutreiben“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Das neue Gesetz solle auch der Ressourcenverschwendung entgegentreten und zugleich Städte entlasten.

Das Gesetz ist die Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie und muss von den Ländern im Bundesrat bestätigt werden. Die Hersteller sollen die Kosten erstmals im Frühjahr 2025 zahlen. Die Höhe hängt von der verursachten Abfallmenge des Vorjahres ab. Eine Rechtsverordnung wird derzeit von Lemkes Ministerium vorbereitet.

Tabakindustrie hält nicht viel davon

Industrieverbände kritisieren das Vorhaben. Die Wirtschaft sei vollständig damit ausgelastet, „den Betrieb trotz explodierender Energiepreise aufrechtzuerhalten“, heißt es in einer Erklärung des Handelsverbands Deutschland und sechs weiterer Verbände. Sie kritisieren, dass das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des Gesetzes spielen.

Dadurch, dass die beiden die Kosten regeln, habe das Gesetz „nichts mehr mit dem Prinzip der Herstellerverantwortung zu tun“, sagte Martin Engelmann von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. Schließlich sähen die EU-Regeln vor, die Kosten zwischen Wirtschaft und Kommune festzulegen.

Auch dass die Höhe der Abgabe nicht klar ist, finden die Verbände problematisch. „Der Kostenanteil muss in einem konkreten Verhältnis zu den Abfallmengen stehen“, betont Jan Mücke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE).

Eventuell dürften Ver­brau­che­r:in­nen mehr zahlen

Vorschlägen, zusätzlich die Stückzahl und das Volumen mit zu berücksichtigen, erteilt er eine Absage. „Die Ausweitung auf andere Kostenparameter außer Gewicht ist nicht praxisgerecht und würde zu einer massiven Überdeckung der tatsächlichen Kosten der Kommunen führen“, sagte er.

Die Vermüllung des öffentlichen Raums sei ein gesellschaftliches Problem, „das nur gemeinsam mit der Industrie angegangen werden kann“, sagte Mücke der taz. Der Umwelt sei nicht geholfen, „wenn die Wirtschaft nur zahlen soll, sich aber ansonsten am Problem nichts ändert“. Daher habe sich die Wirtschaft eine stärkeres Mitspracherecht gewünscht.

Ob die Produktpreise steigen werden, um die Abfallkosten zu decken, ist unklar. Jedes betroffene Unternehmen werde das für sich selbst entscheiden, erklärte Anne-Kathrin Rothe vom Tabakverband BVTE.

Gesetz könnte schärfer sein

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) begrüßt das Gesetz, hält es aber für verbesserungswürdig. Es wäre besser gewesen, „die Kosten für die Ab­fall­ent­sor­gung so zu erhöhen, dass es nicht lukrativ ist, in Einwegprodukte zu investieren“, sagte Nabu-Sprecher David Pfender. Die Abgaben, die Unternehmen in den Fonds einzahlen müssen, seien zu niedrig. Deshalb gäbe es keinen Anreiz für Verursacher, auf nachhaltige Produktion umzusteigen.

Ein zweites Problem sieht der Nabu-Sprecher in der tatsächlichen Müllbeseitigung. „Durch den Fonds wird nicht gewährleistet, dass mehr aufgeräumt wird“, kritisiert Pfender. „Städte und Kommunen können mit dem Geld machen, was sie wollen. Ob sie also mehr in die Reinigung finanzieren, weiß man nicht.“ Es sei nichts gewonnen, wenn Unternehmen von Einwegplastik auf Einwegpapier umsteigen, um nicht unter das Gesetz zu fallen, aber sich nichts in der Gesamtmenge an Müll ändert, sagt er. Daher seien Anreize für Mehrweglösungen die attraktivere Lösung.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert, dass das Gesetz den Meeresschutz an keiner Stelle erwähnt. Außerdem verlangt der BUND eine zusätzliche Einweg-Steuer, die Ver­brau­che­r:in­nen zur Wahl von Mehrweg statt Einweg motivieren soll.

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