Ausstellung von Pässen in Botschaften: Erfolg für Exil-Eritreer

Flüchtlinge, die in Botschaften Eritreas einen Pass beantragen, müssen Geld abdrücken. Deutsche Behörden dürfen sie dort nun nicht mehr hinschicken.

Dach des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Foto: Ed Gar/imago

BERLIN taz | Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat ein wegweisendes Urteil für eritreische Flüchtlinge gesprochen: Die Bundesländer müssen ihnen einen deutschen Reiseausweis für Ausländer ausstellen und dürfen sie nicht darauf verweisen, sich in der eritreischen Botschaft einen Pass zu besorgen.

Den Pass braucht man beispielsweise, um ins Ausland zu reisen, um zu heiraten, für die Einbürgerung in Deutschland und auch für den Antrag auf Familiennachzug. Bisher galt: Ein deutsches Ausweispapier bekamen nur anerkannte eritreische Asylberechtigte. Wer hingegen einen subsidiären Schutzstatus hat, und das sind die allermeisten eritreischen Asylsuchenden, sollte in der eritreischen Botschaft einen Pass beantragen.

Das Problem: Eritrea verlangt für sämtliche konsularischen Dienste, auch für die Passausstellung, eine Reueerklärung. Darin müssen die Antragsteller erklären, ihre Flucht aus der Diktatur und die „Nichterfüllung nationaler Verpflichtungen“ zu bereuen – gemeint ist mit Letzterem der oft lebenslängliche Militärzwangsdienst. Teil der Reueerklärung ist auch, dass die Antragsteller Strafen vom eritreischen Regime akzeptieren.

Außerdem müssen alle im Ausland lebenden Eritreer für konsularische Dienste ab dem Zeitpunkt ihrer Flucht zwei Prozent ihrer Einkünfte als „Diasporasteuer“ an den eritreischen Staat abführen. Das gilt sogar für Sozialleistungen. Mit deutscher Hilfe finanziert sich bislang auf diese Weise eine der brutalsten Diktaturen weltweit. Und es liegt nahe, dass mit dem Geld auch der Krieg im benachbarten Äthiopien mitfinanziert wird, in den Eritrea Sklavensoldaten gegen deren Willen entsendet.

Eingriff in die Gewissensfreiheit

Als einziges Bundesland verzichtet Berlin seit rund einem Jahr bereits darauf, subsidiär schutzbedürftige Eritreer zu deren Auslandsvertretung zu schicken, und stellt ihnen stattdessen einen Reiseausweis für Ausländer aus.

Während deutsche Gerichte die Zweiprozentabgabe bisher überwiegend nicht angriffen und damit der eritreischen Militärdiktatur das Recht zubilligten, sich mit deutscher Hilfe zu finanzieren, sei die Rechtsprechung zu den Reueerklärungen bisher uneindeutig, sagt der Frankfurter Rechtsanwalt Marcel Kasprzyk, der auf eritreische Geflüchtete spezialisiert ist.

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes hätte sich nun die Sicht durchgesetzt, dass die Abgabe einer Reueerklärung ein unzulässiger Eingriff in die Gewissensfreiheit ist. „Wir müssen abwarten, wie die Ausländerbehörden mit dem Urteil umgehen. Ich empfehle meinen Mandanten, in ihren Anträgen die Gewissensentscheidung zu thematisieren.“

Pro Asyl-Rechtsexperte Peter von Auer sagt: „Wer der eritreischen Diktatur entkommen ist und hier Schutz findet, darf nicht von deutschen Behörden dazu genötigt werden, sich für die Passbeschaffung an sein Herkunftsland zu wenden und diesem gegenüber zu erklären, dass er mit einer Bestrafung für die Flucht aus dem mörderischen Nationaldienst und aus dem Land einverstanden ist.“ Pro Asyl hat das Gerichtsverfahren finanziell bezuschusst.

Rechtsanwalt Kasprzyk sieht die Gefahr, „dass auch Eritrea das Urteil liest und in Zukunft auf die Abgabe der Reueerklärung verzichtet, weil ihnen die Einnahmen aus der Diasporasteuer zu wichtig sind.“ Dann könnten die Ausländerbehörden Eritreer wieder auf die Ausstellung von Pässen in der eritreischen Botschaft verweisen.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz fordert deshalb, subsidiär Schutzbedürftigen aus Eritrea sowie Syrien prinzipiell deutsche Reisepässe auszustellen. Auch Syrien versucht, Antragstellern Geld abzunehmen. Die Schutzbedürftigen weiter zu den Botschaften zu schicken, leiste „der Finanzierung von korrupten und kriegerischen Machenschaften in Syrien und Eritrea weiter Vorschub“, sagt von Notz. Außerdem gefährde es die Sicherheit der Schutzsuchenden, denn die Regimes könnten dann Daten über die Betroffenen und ihre Angehörigen erheben.

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