Bosnien und Herzegowina: Beitrittskandidatenstatus empfohlen

EU-Kommission empfiehlt Beitrittskandidaten-Status für Bosnien und Herzegowina. Erweiterungskommissar Varhelyi spricht von „historischer Chance“.

Fahnen der EU und von Bosnien und Herzegowina

Fahnen der EU und von bosnien und Herzegowina in Brüssel im juni 2022 Foto: Stephanie Lecocq/epa

BELGRAD taz | Nach der Ukraine und Moldau soll nun Bosnien und Herzegowina folgen: Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten vorgeschlagen, das Balkanland zum EU-Beitrittskandidaten zu erklären. Der Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi sprach am Mittwoch von einer „historischen Chance“.

Bosnien und Herzegowina hatte sich bereits 2016 offiziell um den Status beworben. Seitdem hat das Land allerdings kaum Fortschritte bei dringend notwendigen Reformen erzielt.

Ganz im Gegenteil befindet es sich aktuell in der schwersten Krise seit dem Ende des Krieges 1995. Insbesondere der serbische Nationalistenführer Milorad Dodik, der bislang den serbischen Sitz im Staatspräsidium innehatte, droht immer wieder damit, die Teilrepublik Republika Srpska vom Gesamtstaat zu lösen. Dieser besteht aus einem serbischen und einem kroatisch-bosniakischen Teilstaat.

Auch kroatische Nationalisten unternehmen immer wieder Schritte, den Gesamtstaat zu diskreditieren. Dieses Gezerre lähmt die Institutionen Bosniens und die Entwicklung des Landes bis auf Weiteres.

Apppelle von Erweiterungskommissar Vahely

Unter anderem diese Akteure dürfte Erweiterungskommissar Varhelyi dann auch gemeint haben, als er auf Twitter anmahnte: „Ich fordere die Verantwortlichen in diesem Land auf, diese historische Chance zu nutzen und die in unserer Empfehlung genannten Schritte zügig zu unternehmen.“

Diese Schritte hatte die EU-Kommission 2019 in Form von 14 Schlüsselpositionen definiert. Erst wenn diese umgesetzt worden sind, soll Bosnien und Herzegowina die Beitrittsverhandlungen mit der EU aufnehmen dürfen.

Die Positionen beinhalten unter anderem Reformen des Justizwesens und des Wahlrechts. Letzteres sorgte im Vorfeld der Wahlen am 2. Oktober mehrere Male für Zündstoff, als insbesondere kroatische Nationalisten unter dem HDZ-Vorsitzenden Dragan Čović vom internationalen Hohen Repräsentanten Christian Schmidt, der die Friedensordnung in dem Land beobachtet und über Sondervollmachten verfügt, dazu drängten, das Wahlrecht nach ihren Wünschen zu ändern.

Bei der jetzigen Entscheidung der EU-Kommission handelt es sich um eine Empfehlung. Die endgültige Entscheidung, ob und wann Bosnien und Herzegowina die Beitrittsverhandlungen aufnehmen darf, fällen die 27 Mitgliedsstaaten der EU – und zwar einstimmig.

Noch ein langer Weg in die EU

Das führte in der Vergangenheit dazu, dass etwa Nordmazedonien ganze 17 Jahre im Status als Beitrittskandidat festhing, bis es mit den Verhandlungen starten konnte. Zuerst hatte Griechenland wegen eines Namensstreits ein Veto eingelegt, dann hatte Bulgarien wegen eines Konflikts um Sprache und Kultur die EU-Ambitionen Nordmazedoniens blockiert.

Bis Bosnien und Herzegowina seinen Status als EU-Kandidat erhält, wie ihn schon die Ukraine und Moldau in diesem Jahr erlangt haben, können also noch Jahre vergehen. Genug Reformarbeit bleibt dem Land bis dahin allemal.

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