Umstrittene Planung für Hamburger Hafen: Scholz will den Cosco-Deal

Ein chinesisches Staatsunternehmen soll beim Hafen einsteigen dürfen. Das sorgt für Unverständnis in Ministerien und Bundestag.

Voll beladendes Containerschiff mit der Aufschrift "Cosco Shipping", im Vordergrund Strand

Das Schiff darf in den Hamburger Hafen – gilt das auch für Cosco als Investor? Foto: Chris Emil Janssen/Imago

HAMBURG/BERLIN taz | Der Deal mit der chinesischen Staatsreederei Cosco am Hamburger Hafen soll trotz Widerstand aus den Bundesministerien vollzogen werden. So will es offenbar das Kanzleramt, wie NDR und WDR am Donnerstag berichteten. Dem Medienbericht zufolge hätten „alle sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das Geschäft abgelehnt“. Inneres, Verteidigung, Verkehr, Finanzen und Auswärtiges Amt verwiesen alle an das federführende Ressort: das Wirtschaftsministerium. Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Haus lässt lediglich mitteilen, dass es ein laufendes Investitionsprüfverfahren gebe. Nähere Details könne man nicht nennen.

Aber bereits im September hatte sich der Bundeswirtschaftsminister gegen einen Einstieg Coscos beim Containerterminalbetreiber Tollerort ausgesprochen. „Ich tendiere, dass wir das nicht erlauben“, sagte Habeck damals. Der Containerhafen Tollerort sei zwar nur ein kleiner Teil des Gesamthafens, dennoch könne China darüber Einfluss auf den Handel nehmen. „Deswegen haben wir das geprüft“, sagte er. Hauptargument für die Skepsis ist, dass der Containerhafen Teil der kritischen Infrastruktur ist.

Auch das Kanzleramt äußerte sich am Donnerstag nicht eindeutig zur Lage. Eine Regierungssprecherin teilte lediglich mit, dass man sich mit Blick auf die Betroffenheit von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der beteiligten Unternehmen zu laufenden Investitionsprüfungsverfahren nicht äußere: „In der Investitionsprüfung richten sich der Ablauf des Verfahrens und die Entscheidung nach den maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Außenwirtschaftsrecht.“

Spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist klar, dass Abhängigkeiten von antidemokratischen Regimen die eigene Versorgungslage beeinträchtigen können. Erst am Montag hatten auch BND-Präsident Bruno Kahl und Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bei einer Anhörung im Bundestag vor einer Kooperation mit China bei Projekten der kritischen Infrastruktur gewarnt, explizit auch beim Hamburger Hafen. Er sehe das Projekt kritisch, erklärte Kahl.

China sei eine „zur Globalmacht aufsteigende Autokratie“, der „nicht vorbehaltlos zu vertrauen“ sei. Öffentlich herrsche bei dem Thema noch viel „Naivität“. Wo das Land technische Möglichkeiten oder wirtschaftliche Hebel für seine Machtansprüche einsetzen könne, tue es dies auch. Auch Haldenwang warnte, dass Deutschland sich nicht in Abhängigkeiten von China begeben dürfe. Die Gefahr sei hier noch größer als durch Russland: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel.“

Auch von den mitregierenden Grünen und der FDP kamen am Donnerstag deutliche Warnungen. Grünen-Chefin Ricarda Lang erklärte, sie habe „kein Verständnis“, dass das Kanzleramt den Verkauf an China „gegen die Kritik aller beteiligten Fachministerien durchsetzen will“. Man dürfe keine neuen Abhängigkeiten schaffen.

Grüne warnen vor Verkauf

Auch der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz warnte, es wäre „hochproblematisch und falsch“, wenn Teile der kritischen Infrastruktur an die „digitale Diktatur“ China verkauft würde. Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle nannte den Vorgang „brandgefährlich“. Auch Unions-Fraktionsvize Jens Spahn sagte, der „Ausverkauf deutscher Infrastruktur wäre ein Fehler“.

Im September 2021 hatte sich die überwiegend im Besitz der Stadt befindliche Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) mit der Reederei über eine Minderheitsbeteiligung geeinigt. Cosco soll 35 Prozent am Containerterminal Tollerort (CTT) übernehmen. Im Gegenzug konzentriere Cosco seine Ladungsströme in der Hansestadt. Der Containerterminal CTT werde zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa. Ungeachtet der Vereinbarung stehe das Terminal weiterhin allen Reedereikunden offen, betonte die HHLA.

Der CTT ist einer von drei HHLA-Terminals in Hamburg. Darüber hinaus verfügt die Bremer Eurogate-Gruppe über Anlagen zum Löschen von Containern. Der Hamburger Hafen musste in den vergangenen Jahren Marktanteile an Konkurrenten wie Rotterdam und Antwerpen abgeben. Seit Jahren stagniert die Zahl der abgefertigten Container. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte erst im April in einer programmatischen Rede die Bedeutung des Hafens für die Stadt betont.

Aktualisiert am 20.10.2022 um 17:08 Uhr. d. R.

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