Treffen der EU-Außenminister: EU verhängt Sanktionen gegen Iran

Mehrere Organisationen des Regimes sind auf die Sanktionsliste gesetzt worden. Auch die Kamikazedrohnen von Russland waren Thema.

Mitglieder der iranischen paramilitärischen Basij-Miliz in Kampfanzügen nehmen an einem Trauerzug teil

Iranische Basij-Miliz: Die EU-Sanktionen richten sich gegen elf Verantwortliche des Regimes Foto: Saeid Zareian/dpa

BRÜSSEL taz | Bis vor wenigen Tagen ging es in Brüssel noch um die Repression des Mullah-Regimes gegen die neue, revolutionäre Frauen- und Menschenrechtsbewegung, und um das drohende Scheitern des Atomabkommens mit Iran. Aber nun stehen andere Fragen im Raum: Ist Iran in den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verwickelt? Liefert Teheran sogenannte Kamikazedrohnen nach Moskau?

Als die 27 EU-Außenminister am Montag in Luxemburg eintrafen, beherrschte die Drohnenfrage die meisten Gespräche. „Wir werden nach konkreten Beweisen für die (iranische) Beteiligung suchen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Falls Iran tatsächlich Drohnen an das russische Militär geliefert haben sollte, werde dies Konsequenzen haben.

Noch deutlicher wurde Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. „Dann wird es nicht mehr darum gehen, einzelne Personen zu sanktionieren“, sagte Asselborn. Vielmehr werde die EU in diesem Fall ein neues, hartes Strafprogramm gegen Iran auf den Weg bringen. Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sprach sogar von einer Eskalation.

Dabei ist die Lage unübersichtlich. Die Ukraine hat in den letzten Tagen eine Flut russischer Angriffe mit in Iran hergestellten Schahed-136-Drohnen gemeldet. Noch am Montag sollen die Kamikazedrohnen in Kiew zugeschlagen haben. Die iranische Regierung bestreitet jedoch, dass sie an Russland Drohnen zum Einsatz in der Ukraine geliefert habe.

Iran nutzt die Sanktionen für sich

Solche Nachrichten seien politisch motiviert und würden vom Westen verbreitet, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Nasser Kanaani. „Wir haben keines der im Krieg befindlichen Länder mit Waffen versorgt.“ Doch die EU glaubt der Regierung offenbar nicht. Seit dem Tod der Iranerin Mahsa Amini im Gewahrsam der Sittenpolizei ist das Vertrauen futsch.

Wie angekündigt, verhängten die Außenminister deshalb am Montag neue EU-Sanktionen gegen elf Verantwortliche des Regimes sowie gegen vier Organisationen. Neben der Sittenpolizei steht die Cybereinheit der Revolutionsgarden auf der Sanktionsliste. Gegen alle Betroffenen werden Einreiseverbote verhängt, zudem wird ihr Vermögen in der EU eingefroren.

„Wenn man sieht, dass weiterhin mit brutaler Art und Weise auf friedliche Menschen eingeschlagen wird, dann können wir davor – und werden davor – auch weiterhin nicht die Augen verschließen“, sagte die Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Aber fraglich ist, ob sich Teheran davon beeindrucken lässt. Schon jetzt nutzt das Mullah-Regime die Sanktionen, um die Unzufriedenheit in der iranischen Bevölkerung auf den Westen umzulenken. Die Strafmaßnahmen seien für die desaströse Wirtschaftslage verantwortlich, heißt es in Teheran. Die neuen EU-Sanktionen würden ernste Folgen bis hin zum Atomabkommen haben.

Das 2015 abgeschlossene, als JCPOA bekannte Abkommen sieht vor, dass Iran seine umstrittenen Nuklearaktivitäten einschränkt und im Gegenzug von einer Lockerung der Sanktionen profitiert. Nach dem einseitigen Ausstieg der USA 2018 hatte die EU im Sommer einen Kompromiss vorgelegt, der das Abkommen wiederbeleben sollte. Doch nun schwindet auch diese Hoffnung.

Bereits im September warfen Deutschland, Frankreich und Großbritannien Iran an eine „nukleare Eskalation“ vor. Die Verhandlungen seien „in einer Sackgasse“, warnte EU-Chefdiplomat Borrell. Wenn die EU jetzt auch noch Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs verhängt, könnte der Gesprächsfaden endgültig abreißen.

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