Aktuelle Corona-Lage in Deutschland: Blind in den Corona-Herbst

Die Coronazahlen steigen derzeit deutlich an. Wie problematisch das ist, bleibt jedoch unklar. Auch eine Maskenpflicht ist wieder im Gespräch.

Zwei Ärzte im der Eingangstür einer Klinik

Im gesamten Verlauf der Pandemie war es nie wahrscheinlicher, sich zu infizieren als jetzt Foto: Lars Berg/laif

BERLIN taz | Die siebte Coronawelle rauscht durchs Land. Im gesamten Verlauf der Pandemie war es nie wahrscheinlicher, sich zu infizieren als jetzt. Wie dramatisch das für die Gesamtbevölkerung ist, bleibt jedoch unklar. Der deutlichste Indikator für die aktuelle Welle ist die Hospitalisierungsrate. Ihr Tageswert lag laut Berechnungen des Robert-Koch-Instituts am Donnerstag bei 12,23. Bei allen sechs Wellen zuvor lag die Hospitalisierungsrate nie höher als 8,0.

Der Indikator gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen in den letzten 7 Tagen bei einer Neuaufnahme im Krankenhaus positiv getestet wurden. Ursprünglich war er gedacht, um die Belastung der Kliniken zu messen. Das klappt nicht mehr, da dort mittlerweile sehr viele Menschen nur „mit“, nicht „wegen“ Corona behandelt werden. Aber die Hospitalisierungsrate gilt als verlässlichster Indikator für das Infektionsgeschehen in der Gesamtbevölkerung.

Die reinen Fallzahlen sind nur noch bedingt aussagekräftig. Das Robert-Koch-Institut meldet aktuell wieder mehr als 100.000 neu registrierte Infektionen. Die Dunkelziffer dürfte durch nachlassende Testintensität immens sein. Gesundheitsminister Karl Lauterbach schätzte kürzlich, dass die reale Infektionszahl viermal höher sei. Am Anstieg der bekannten Fallzahlen – sie haben sich binnen eines Monats vervierfacht – kann man aber die Dynamik der aktuellen Welle ablesen. Doch die wichtigste Frage bleibt offen: Wie viele Coronainfizierte erkranken schwer?

Da hilft nicht mal mehr der Blick auf die Intensivstationen. Dort hat sich die Zahl der coronapositiven Pa­ti­en­t:in­nen in nur vier Wochen fast verdreifacht. Für Ärz­t:in­nen und Pfle­ge­r:in­nen ist es egal, ob die Pa­ti­en­t:in­nen mit oder wegen Corona dort landen. Sie müssen isoliert werden, der Aufwand steigt also. Doch als Gradmesser für die Schwere der Erkrankungen durch Corona verliert die Zahl der In­ten­siv­pa­ti­en­t:in­nen ohne diese Unterscheidung an Aussagekraft.

Ärzteverband fordert Maskenpflicht

Ähnliches gilt für die Zahl der Coronatoten. Sie ist binnen einer Woche um 70 Prozent auf aktuell 115 im Wochenschnitt gestiegen. Aber wie viele davon wirklich pandemiebedingt sind, bleibt unklar. Das Land tappt im dritten Coronaherbst wieder im Dunkeln. Da ist es kein Wunder, dass über den Sinn möglicher Maßnahmen gestritten wird. Lauterbach hat die Länder dazu aufgerufen, die laut Infektionsschutzgesetz mögliche Maskenpflicht in Innenräumen wieder einzuführen. Der Ärzteverband Marburger Bund fordert das auch. Berlin denkt bereits darüber nach, Nordrhein-Westfalen sieht hingegen keinen Handlungsbedarf.

Den gibt es dafür bei der Impfkampagne. Zwar sind 85 Prozent der besonders gefährdeten Ü-60-Jährigen dreifach geimpft. Den empfohlenen zweiten Booster aber hat bisher nicht einmal ein Drittel. Deshalb forderte der Deutsche Hausärzteverband eine Neuausrichtung der Impfkampagne.

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