Arbeitskräftemangel und Besteuerung: Familienarbeit berücksichtigen!

Das Ehegattensplitting komplett abschaffen? Hilfreicher wären bessere Kinderbetreuung, bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung.

ein zweijähriges Kind versucht Staub zu saugen

Um mehr Frauen in Erwerbsarbeit zu bringen, müsste auch die institutionelle Kinderbetreuung ausgebaut werden Foto: Thomas Köhler/phototek/imago

Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist ein heikles Thema, auch in linken Milieus. Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, erklärte in einem Interview mit der Rheinischen Post, der Steuervorteil durch das Ehegattensplitting sei ein Anreiz für viele Frauen, ihre Erwerbsarbeit nicht auszuweiten und in einem Teilzeitjob zu verharren. Fahimi plädiert unter anderem dafür, das Splitting, das ungleich verdienende Paare vor steuerlichen Nachteilen schützt, abzuschaffen.

Solche Forderungen haben immer einen Beigeschmack, als wolle man Paaren (das können auch gleichgeschlechtliche sein) mit sehr ungleicher Verteilung der bezahlten Erwerbsarbeit ihre Lebensform vermiesen. In den allermeisten Haushalten hat die ungleiche Verteilung von Erwerbsarbeit zwischen den Partne­r:in­nen aber etwas mit der unbezahlten Familienarbeit zu tun, die, immer noch überwiegend von Frauen, zu Hause geleistet wird. Mitunter sind auch die Arbeitsbedingungen im Job der Grund, warum Frauen neben der Familie eben keine Vollzeitstelle schaffen. Das lässt sich in der Pflege beobachten, wo viele ihre Entlastung durch Teilzeitstellen quasi selbst finanzieren.

Man sollte also vorsichtig sein mit der Forderung nach der kompletten Abschaffung des Ehegattensplittings, das übrigens keine Bevorteilung, sondern nur eine Gleichstellung von Paaren mit hohem Einkommensgefälle gegenüber Paaren mit gleichem Verdienst darstellt. Um mehr Frauen in Erwerbsarbeit zu bringen, müssen die institutionelle Kinderbetreuung ausgebaut und die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in bestimmten Dienstleistungsberufen deutlich verbessert werden.

Die Ampel will das monatliche steuerliche Lohnabzugsverfahren bei Paaren verändern und die Steuerklasse 5 tilgen, das Ehegattensplitting aber nicht grundsätzlich abschaffen. Das Wirtschaftsinstitut DIW geht weiter, es fordert die Abschaffung der Splittingvorteile für sehr hohe Einkommen, will den Familien mit mittleren oder geringen Einkommen aber keine Einbußen zumuten. Das ist ein gangbarer Weg.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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