Baerbocks „Klima-Außenpolitik“: Über Niger nach Ägypten

Das Außenministerium investiert in Niger 20 Millionen Euro in Solarenergie und Flüchtlingscamps. Derlei Projekte sollen den Klimaschutz anschieben.

Zwei Menschen stehen am Strand in Palau

Immerhin nicht allein in der Wüste: Außenministerin Baerbock (hier im vergangenen Sommer in Palau) Foto: Thomas Imo/photothek/imago

Das Projekt in Niger soll vieles auf einmal leisten: humanitäre Hilfe sichern, die erneuerbaren Energien voranbringen, die Sicherheit in einer fragilen Region fördern und Schwung in die Klimaverhandlungen bringen. So jedenfalls ist der Plan, den Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag zusammen mit dem Außenminister Nigers, Hassoumi Massaoudou, in Berlin verkündete: Deutschland wird Flüchtlingscamps in dem afrikanischen Land mit Solaranlagen ausstatten.

Für 20 Millionen Euro sollen Anlagen entstehen, die die bisherigen Dieselgeneratoren ersetzen, 18.000 Tonnen CO2 einsparen und die Sicherheit in den Lagern erhöhen. Im „sonnenreichsten Land der Welt“ werde das den Zugang zu Strom verbessern und sei eine gute Verbindung von Wirtschaft und Umwelt, so Massaoudou.„Über Zahlen haben wir genug geredet“, so Baerbock bei der Vorstellung des Projekts, „das ist ein konkretes Projekt und ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur COP27 in Ägypten.“

Die Ankündigung war terminiert auf den Beginn der mehrtägigen „Berliner Konferenz zu Klima und Sicherheit“ im Auswärtigen Amt. Offiziell wurde hier die „Climate for Peace“-Initiative ausgerufen, um konkrete Projekte zu Klimaschutz und Sicherheit anzuschieben und zu vernetzen. Unter Beteiligung vieler ExpertInnen, DiplomatInnen und VertreterInnen aus der Zivilgesellschaft will die grüne Außenministerin vor der COP, die in einem Monat stattfindet, positive Signale senden. Und sie lässt auch die Umrisse ihrer „Klima-Außenpolitik“ erkennen, die erst im Frühjahr als fertige Strategie vorliegen soll.

Der Konferenz und den versammelten ExpertInnen ist klar: Klimawandel und Sicherheit sind eng verbunden. Ein Gutachten der Beratungsfirma Adelphi „A new Climate for Peace“, das zur Konferenz erschien, stellt die Faktoren zusammen: Der Druck auf Ressourcen, fehlendes Wasser und Ackerland, können Konflikte in Gesellschaften entfachen; Wetterkatastrophen zerstören Lebensgrundlagen und können Migrationsströme auslösen, die Situation von Frauen und Kindern verschlechtern; Missernten treiben Preise und bringen Instabilität, ebenso wie der Verlust von Land durch einen höheren Meeresspiegel.

Staaten versprechen Hilfe

Der Rat: Sicherheit und Klima zusammendenken, auch in Entwicklungspolitik, Frühwarnsysteme installieren und bei internationalen Finanzen lieber frühzeitig in Lösungen investieren, ehe Schäden und Konflikte deutlich teurer werden.

Das fordert auch das Statement zu „Klima, Umwelt, Frieden und Sicherheit“ der G7 vom Mai unter deutscher Präsidentschaft. Es wurde auf der Berliner Konferenz noch einmal von vielen Staaten angenommen, die nicht der G7 angehören, etwa Indonesien, Australien, Guinea-Bissau, Kirgistan, Äthiopien, Norwegen und die Schweiz: Auch diese Erklärung betont, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit ist und dass Klima, Umweltschutz und Artenschutz eine zentrale Rolle für das Wohlergehen vor allem der Verwundbarsten einer Gesellschaft spielen. „Teufelskreise“ aus Umweltschäden und Konflikten müssten verhindert werden. Dafür sollten diese Themen auf der obersten Ebene der Regierungen angesiedelt werden.

Die Staaten versprechen Hilfe: Frühwarnsysteme, Erfahrungsaustausch und ein jährliches Treffen aller interessierten Akteure, das soll alles kommen. Vor allem soll es weiter um konkrete Projekte gehen, um die Schäden der Klimakrise abzufedern – wie die Solaranlagen für die Camps in Niger.

Schäden und Verluste sollen reduziert werden

Die Konferenz in Berlin soll vor der Klimakonferenz das Thema Sicherheit auf die Agenda heben, um die Dringlichkeit des Handelns klarzumachen. Eine entsprechende Resolution fand im Dezember 2021 in der UNO zwar 113 Stimmen, wurde aber von Russland blockiert. Baerbock hatte diese Verbindung unter anderem bei einem Besuch in der Sahelzone im Frühjahr betont.

Es geht der deutschen Seite aber auch darum, vor der COP möglichst breite Allianzen mit den verwundbaren Ländern zu bilden, um Konflikte bei der COP im Vorfeld zu entschärfen. Bisher jedenfalls zeichnet sich ab, dass gerade die Staaten Afrikas sich von den Industrieländern bei Finanzen, der Anpassung an den Klimawandel und bei der Frage des Ausgleichs von Klimaschäden („Loss and Damage“) alleingelassen fühlen.

Diese Perspektive zusammen mit den anderen Weltkrisen wie Covid, Inflation, Lebensmittelpreise, Energiekosten, der Schuldenkrise der ärmsten Länder und dem Ukrainekrieg könnte die COP in Ägypten ernsthaft gefährden. Nicht umsonst wiederholen das G7-Statement und die Deklaration in Berlin die Verpflichtungen zu Klimaschutz und Finanzen aus dem Pariser Abkommen und der Glasgower Klimakonferenz vom letzten Jahr – und versprechen ausdrücklich, die „Schäden und Verluste“ zu reduzieren, die aus dem Klimawandel entstehen.

In der UNO-Welt ist das schon viel: Diese umstrittenen Begriffe zu nutzen, zeigt die Bereitschaft zum Verhandeln. Auch ein Beitrag, Konflikte rund ums Klima zu entschärfen.

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