Bewegungstermine in Berlin: Ein zäher Kampf

Weil die Verkehrswende nur langsam voran kommt, liegt es mal wieder an den Aktivist:innen, sie Stück für Stück zu erkämpfen. Einige Gelegenheiten dazu.

Ein Fahrradfahrer mit einem Schild: Fahrradfahren statt Autobahn

Ein paar Fahrrad-Demos braucht es noch, bis die A100 eine Protected Bikelane wird Foto: dpa

Wer einmal in Berlin Fahrrad gefahren ist, der weiß: Die Verkehrswende lässt auf sich warten und als Rad­le­r*in lebt es sich in der Hauptstadt mitunter lebensgefährlich. Als wäre es nicht schlimm genug, dass auf zahlreichen Hauptstraßen noch immer keine Fahrradwege existieren und man sich zwischen fahrenden und parkenden Blechlawinen hindurchmanövern muss, jederzeit die Gefahr eines ausscherenden Fahrzeugs oder einer sich plötzlich öffnenden Autotür im Nacken.

Die Nutzungskonflikte, die ohne abgetrennte Fahrradspuren entstehen, steigern zudem den Stress zwischen den Verkehrsteilnehmer*innen, der dazu führt, dass einige Au­to­fah­re­r*in­nen ihr tonnenschweres Gefährt als Waffe benutzen: Erst vor einer Woche machten zwei Autofahrer Jagd auf Radfahrer*innen, einer von ihnen wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert, nachdem ihn ein Taxi von hinten gerammt hatte.

Höchste Zeit also, sich die Straßen zurückzuholen und Druck auf die Politik zu machen, die gesetzlich vereinbarte Mobilitätswende endlich konsequent durchzusetzen. An diesem Mittwoch laden die „Respect Cyclist“ zu einer Fahrraddemo ein, um für sichere Fahrradwege zu protestieren.

Los geht es am Falkplatz in Prenzlauer Berg, von wo aus über viele, teils zweispurige Bundes- Haupt- und Nebenstraßen, die bislang ausschließlich dem Autoverkehr vorbehalten sind, bis zum Invalidenpark in Mitte geradelt wird, wo in unmittelbarer Sichweite zum Büro von FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing seit mehreren Wochen das Verkehrswendecamp seine Zelte aufgeschlagen hat (Mittwoch 7. September 17.30, Falkplatz).

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Solidarisch Boxen

Ein fairer Kampf ist der Krieg um die Straße angesichts der ungleichen Kräfteverhältnisse auf jeden Fall nicht. Wer einen Schlagabtausch zwischen gleichberechtigten Teil­neh­me­r*in­nen sehen oder gar daran teilnehmen möchte, hat am Samstag bei der Kampfsportgala im SO36 die Chance dazu.

In den Disziplinen Muay Thai, K1 und klassisches Boxen können sowohl erfahrene Kämp­fe­r*in­nen als auch Leute, die zum ersten Mal im Ring stehen, für eine gute Sache kämpfen: Mit dem Gewinn der Soligala wird nämlich das Camp Mexmûr in Südkurdistan (Nordirak) unterstützt.

Das Camp beherbergt heute rund 12.000 Menschen und wurde in den 90er Jahren von Familien gegründet, die aus ihren Dörfern in Nordkurdistan vertrieben wurden. Es gilt mittlerweile als Paradebeispiel für basisdemokratische Selbstverwaltung und friedliches Miteinander, wie es später auch in Rojava umgesetzt wurde.

Wegen Luftangriffen der Türkei, Angriffen des IS und Embargos durch die türkeinahe nordirakische Autonomieverwaltung ist die humanitäre Lage kritisch und es leidet vor allem die medizinische Versorgung der Menschen. Auf der Kampfsportgala und der anschließenden Aftershowparty mit unter anderem DJ Lenki Balboa soll am Samstag daher Geld für Medikamente gesammelt und Öffentlichkeit für die Situation im Camp geschaffen werden (Samstag 10. September ab 13 Uhr, SO36, Oranienstraße 19).

Straßenfeste am Wochenende

Durchgeboxt haben sich auch die Obdachlosen der Habersaathstraße 40-48, die das Haus in Mitte seit über einem halben Jahr besetzt halten. Der Bezirk verhandelt zurzeit mit dem Eigentümer über ihren Verbleib, es steht im Raum, dass sie zwei Jahre dort bleiben können. Abgerissen werden soll das Haus trotzdem, obwohl das Schwesternwohnheim mit seinen 120 Wohnungen erst in den 1980er Jahren mit öffentlichen Mitteln errichtet und 2008 energetisch saniert wurde.

Um die ausbleibende Räumung zu feiern und gegen den drohenden Abriss zu protestieren, laden die alten und neuen Be­woh­ne­r*in­nen der Habersaathstraße am Samstag zu einem Straßenfest mit Musik und Performances (Samstag 10. September, 14 Uhr, Habersaathstr. 40-48).

Ein Straßenfest wird es auch am Sonntag im Kreuzberger Wrangelkiez geben, wo die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) den Tag der Erinnerung und Mahnung begeht. Am 9. September 1945 haben Überlebende der Konzentrationslager und Zuchthäuser die Tradition begründet, am zweiten Sonntag im September der Opfer des Faschismus zu gedenken. Mit Diskussionsrunden, Vorträgen, Veranstaltungen, Tanz, Livemusik und Ausstellungen will der VVN-BdA die Erinnerung an die Verbrechen und Opfer der Nazis mit wichtigen Debatten der Gegenwart verbinden.

Mit dabei sind unter anderem Claudia von Gélieu und Ferat Ali Koçak, Betroffene der rechten Terrorserie in Neukölln, die derzeit in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet wird (Sonntag 11. September, 13-20 Uhr, Falckensteinstr. 39).

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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