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: „Nicht für eine elitäre Blase“

Gunther Geltinger denkt mit Antje Rávik Strubel über Queerness nach

Foto: Suhrkamp

Gunther Geltinger48, Schriftsteller und Kurator des diesjährigen Bremer Literaturprogramms Queer (L)it!

Interview Emma Rotermund

taz: Gunther Geltinger, was ist eine „Werkstatt des queeren Romans“?

Gunther Geltinger: Antje Rávik Strubel und ich wollen nicht nur unsere Bücher vorstellen, sondern einen Einblick ins Entstehen der Romane gewähren und darüber sprechen, ob wir von Anfang an wissen, dass wir einen queeren Stoff bearbeiten. Ob der Text queer ist, ist ja nicht nur die Frage, ob die Prot­ago­nis­t*in­nen schwul, lesbisch oder trans sind, sondern auch, mit welcher Ästhetik man den Stoff bewältigt.

Worum geht es bei der Veranstaltungsreihe Queer (L)it?

Die Reihe geht schon in die zweite Runde. Letztes Jahr wurde sie von Sasha Marianna Salzmann kuratiert. Es gab eine Videoreihe, bei der queere Au­to­r*in­nen über ihre aktuellen Bücher, aber auch über queere Literatur an sich und ihr Selbstverständnis interviewt wurden. Das Thema der diesjährigen Veranstaltung ist, inwieweit queeres Schreiben eine Geste des ästhetischen Widerstands darstellen kann und in welchen Kontexten es politisch ist.

Wie kam es, dass Sie die Veranstaltung kuratieren?

Sasha Marianna Salzmann hat mich letztes Jahr interviewt. Das war ein sehr schönes Gespräch, über das ich in Kontakt mit Heike Müller vom Literaturhaus Bremen gekommen bin. Sie hat mich gefragt, ob ich den zweiten Teil der Reihe kuratieren möchte. Ich verstehe mich dabei in erster Linie als Schriftsteller, nicht als Aktivist. Das ist mir wichtig.

Was macht Ihren Roman „Benzin“, über den Sie sprechen, zum queeren Roman?

Queer (L)it: Werkstatt des queeren Romans mit Antje Rávik Strubel und Gunther Geltinger, 27. 9., 19 Uhr, Stadtbibliothek Bremen

Es geht um einen schwulen Schriftsteller, der autofiktional über seine Liebesbeziehungen schreibt und eine Reise nach Südafrika unternimmt. Es gibt verschiedene queere Ebenen: nicht nur den Blick des europäischen Queeren auf ein Afrika, wo Homosexualität geächtet ist. Das Buch erzählt auch davon, dass queere Menschen nicht automatisch davor gefeit sind, andere herabzusetzen.

Möchten Sie auch Menschen ansprechen, die mit queerer Literatur nicht so viel Berührung hatten?

Wir wünschen uns, dass diese Menschen auch zu Veranstaltungen kommen, die queer gelabelt sind. Wir hoffen, dass wir Neugierde schaffen können für andere Lebenswelten. Gute Literatur sollte für Le­se­r*in­nen eine Horizonterweiterung sein. Die Veranstaltung ist auch nicht für eine elitäre Blase gemacht. Wir tendieren dazu, sehr akademisch über Queerness zu sprechen, dass man sie von der Realität abgrenzt. Literatur will genau das Gegenteil: Sie will an die Menschen andocken.