Die Wahrheit: Letzte Blumen für die Queen

Erst langsam wird hinter dem Schleier der britischen Untertanentränen das ganze Ausmaß der bizarren Trauermaßnahmen zum Tod ihrer Königin deutlich.

Die offizielle Trauerzeit für Königin Elizabeth war in dem Moment vorbei, als sie vorigen Montag unter die Erde gebracht worden war. Natürlich hatten die Engländer ein Anrecht auf ihren kollektiven Weinkrampf, aber manch verordnete Trauermaßnahme schoss deutlich über das Ziel hinaus.

In Norwich wurde ein Fahrradständer während der gesamten Trauerzeit gesperrt. Auf Nachfrage erklärte die Stadtverwaltung dem Guardian, dass der Fahrradständer in der Nähe der Stelle sei, wo die Untertanen ihre Blumen für die tote Queen abwerfen würden. Warum es respektlos sei, Fahrräder in der Nähe der Blumen zu parken, erschloss sich der Zeitung nicht. Ebenso unergründlich erschien die Anweisung des britischen Radsportverbands, dass am Tag der Beerdigung niemand ein Rad benutzen solle.

Und ein Flugzeug erst recht nicht. Während der Überführung der royalen Leiche nach London und während der Beerdigung wurden die Flüge von und nach Heathrow umgeleitet, um für Ruhe im Himmel über der englischen Hauptstadt zu sorgen. Ruhe herrschte auch in den Filialen der Supermarktkette Morrisons. Man hatte nicht nur die Ansagen und dankenswerterweise auch die unerträgliche Marktmusik abgeschaltet, sondern auch die Pieptöne an den Selbstbedienungskassen. Das Piepsen, so meinte das Management der Kette, wäre respektlos gegenüber der verblichenen Monarchin.

Das britische meteorologische Institut wollte ebenfalls nicht despektierlich erscheinen, formulierte eine Ankündigung auf Twitter aber so ungeschickt, dass der Eindruck entstand, die Wettervorhersage werde während der Trauerzeit geheim gehalten. Wollte man verhindern, dass die Menschen am Tag der Beerdigung zu Hause blieben, falls man Regen ankündigte? Gemeint war wohl, dass keine heiteren Formulierungen gewählt werden würden. Warum muss man das lauthals verkünden?

Und Center Parcs, die Betreiberin von Ferienparks in Europa, erklärte, dass sämtliche britischen Anlagen am Tag der Beerdigung um zehn Uhr schließen würden, damit die Angestellten ordentlich trauern könnten. Wer ausgerechnet in dieser Zeit in einem der Parks Urlaub mache, müsse die Nacht anderswo verbringen und dürfe erst am nächsten Tag zurückkehren.

Den Vogel aber schoss Dan Wooton ab, ein früherer Chefredakteur des Schmutzkübels The Sun und derzeitiger Moderator beim Sender GB News, der vollkommen qualitätsfrei ist. Wooton veröffentlichte ein eitles Video von sich, wie er Blumen am Buckingham Palace niederlegt. Jemand ließ das Video im Internet rückwärtslaufen, so dass es aussah, als ob Wooton die Blumen klaute.

Aus und vorbei. Nun kann man sich dem Kauf von Devotionalien zuwenden. Es gibt zum Beispiel eine Zeichnung der Königin mit vier Corgis an der Leine. Den Queen-Hunden hatte man während der Beerdigung die Schnauzen zugebunden, damit sie nicht respektlos bellen konnten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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