Wahlchaos in Berlin: Neuer Wahlleiter kommt im Oktober

Nach den Pannen am 26. September soll der Politikwissenschaftler Stephan Bröchler künftige Wahlen in Berlin rechtssicher organisieren.

Menschen stehen Schlange vor einem Wahllokal

Warten, Warten, Warten: Schlange vor einem Berliner Wahllokal am 26. September Foto: dpa

BERLIN taz | Berlin bekommt zum 1. Oktober einen neuen Landeswahlleiter. Wie am Freitag aus Senatskreisen verlautete, wird Stephan Bröchler, Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht, das Amt übernehmen. Seine Vorgängerin Petra Michaelis war wegen der zahlreichen Pannen bei den Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen am 26. September bereits wenige Tage nach den Wahlen zurück getreten. Zuletzt hatte ihre Stellvertreterin Ulrike Rockmann die Position kommissarisch geleitet.

Die Kür von Bröchler durch den rot-grün-roten Senat ist durchaus bemerkenswert. Der 1962 geborene Politikwissenschaftler gehörte einem vom Senat selbst eingesetzten Gremium an, das sich mit den Abläufen und Ausfällen bei der Vierfachabstimmung beschäftigt hatte. In seinem Anfang Juli vorgestellten Abschlussbericht äußerten die Ex­per­t*in­nen scharfe Kritik unter anderem am damaligen Innensenator Andreas Geisel (SPD) und konstatierten, dass ein Großteil der Mängel vermeidbar gewesen wäre.

Bröchler selbst hatte damals von einem „Wahldebakel“ gesprochen. Geisel ist inzwischen Stadtentwicklungssenator. In seiner Sitzung am Dienstag soll der Senat Bröchlers Ernennung beschließen.

Damit hat die amtierende Landeswahlleiterin Rockmann noch Gelegenheit, am 28. September vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eine Stellungnahme abzugeben. Das Verfassungsgericht will an diesem Tag über die Einsprüche gegen die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen verhandeln. Rockmann selbst hatte Einspruch eingelegt. Eine Entscheidung wird an diesem Tag nicht erwartet.

Am 26. September 2021 fanden in den Berlier Wahllokalen vier Abstimmungen statt: Neben dem Bundestag wurden das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) gewählt, und auch der Volksentscheid über eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen stand an. Am selben Tag fand der Berlin-Marathon mit zehntausenden Teil­neh­me­r*in­nen und Zu­schaue­r*in­nen statt. Dafür wurden viele Straßen gesperrt, was auch den Zugang zu vielen Wahllokalen erschwerte. Zudem galten Corona-Hygienemaßnahmen.

Stimmabgabe bis weit nach 18 Uhr

Im Verlauf des Wahltags gingen in vielen Wahllokalen Stimmzettel aus, auch wurden falsche Zettel ausgegeben. Es bildeten sich teils lange Schlangen vor den Wahllokalen; in einigen wurden weit nach 18 Uhr noch Stimmen abgegeben.

Inzwischen steht wegen der massiven Probleme eine teilweise oder komplette Wiederholung der Wahlen im Raum. Im Falle der Wahl zum Abgeordnetenhaus entscheidet darüber das Landesverfassungsgericht, das nach den zahlreichen Einsprüchen gegen Wahlergebnisse ein Wahlprüfungsverfahren eingeleitet hatte. Über eine Wiederholung der Bundestagswahl in einigen oder allen zwölf Berliner Wahlkreisen muss der Bundestag auf Basis einer Empfehlung seines Wahlprüfungsausschusses befinden.

Die Senatskommission, der auch Bröchler angehörte, kam zu dem Schluss, dass Senat und Abgeordnetenhaus die „logistische Herausforderung der Vierfachwahl massiv unterschätzt“ hätten. Die Landeswahlleiterin habe zudem zu wenig Kompetenzen, um einen einheitlichen Ablauf der Wahl in allen zwölf Bezirken durchzusetzen.

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