15 Jahre Haft für Tankstellenmörder: Gerechte Strafe für den Terroristen

Der verurteilte Rechtsextremist Mario N. betrachtet den Mord bis heute als gerechtfertigt. Das Gericht hätte das klarer benennen müssen.

Angeklagter in Handschellen bückt sich

Ohne Reue: der 50-jährige Angeklagte während des Prozesses Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Lebenslange Haft hat das Landgericht Bad Kreuznach gegen den Todesschützen von Idar-Oberstein verhängt, der vor einem Jahr nach einem Streit über die Maskenpflicht einen Mord beging. Dieses Strafurteil ist die richtige Antwort des Rechtsstaates auf die erste tödliche Attacke gegen die verordneten Regeln zum Schutz vor der Pandemie. Die tödlichen Schüsse in der Tankstelle trafen einen hoffnungsvollen 20-Jährigen, der nichts zu den Belastungen beigetragen hatte, die sein Mörder nicht länger ertragen wollte.

Alexander W. hatte lediglich auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben beharrt. Durch die Langwierigkeit geriet das Gerichtsverfahren zur Zumutung für den Rechtsstaat und für die Familie des Opfers, allen voran seine Mutter, die das Verfahren tapfer ertrug. Aber auch ein Gewalttäter hat Anspruch auf ein faires Verfahren. Es ist gut, dass das Gericht mit seinem Urteil jetzt die zeitraubenden Versuche des Angeklagten und seiner Verteidigung zurückgewiesen hat, den Täter zum Opfer zu stilisieren.

Mario N. ist als rücksichtsloser Mörder verurteilt, der für sich ein vermeintliches Widerstandsrecht reklamiert. Er hat einen jungen Menschen stellvertretend für das „System“ erschossen. Zwar hat das Gericht die rechtsextreme und rassistische Gesinnung des Täters, seine Radikalisierung über die Szene der „Querdenker“ nachgezeichnet. Es reicht aber nicht, die Gewaltfantasien vorzutragen, in denen er seine Gegner verbal „in die Gaskammer“ schickt, „aufknüpft“ oder „abknallt“.

Mario N. ist ein rechtsextremistischer Terrorist, der seine Mordtat bis heute als gerechtfertig betrachtet. Das hätte das Gericht klarer benennen müssen. Vielleicht hätte es sich dann auch zur Feststellung der besonderen Schwere der Schuld durchringen und eine Entlassung nach 15 Jahren Haft ausschließen können. Schließlich war der Mord nicht die einzige Gewaltattacke gegen staatliche Regeln zur Bekämpfung der Pandemie und gegen die, die diese Regeln durchzusetzen versuchen. Es war lediglich der erste Angriff mit Todesfolge.

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seit 2016 taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Davor u.a. Moderator, Reporter und CvD bei SWF3 sowie Programmdirektor von radioffn, 15 Jahre lang Landtagskorrespondent für den Hörfunk von hr und ARD, gleichzeitig Autor für den Tagesspiegel 1980 Dipl.Soz. und Wiss. Mitarbeiter Goethe Uni Frankfurt

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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