Schweizer Endlagerfrage: Strahlender Müll

Darauf, wo die Schweiz ihre radioaktiven Abfälle lagert, hat Deutschland keinen Einfluss. Für das nahegelegene Hohentengen ist das Pech.

Meiler des schweizerischen AKW Leibstadt

Das schweizerische AKW Leibstadt im Februar 2017. Der Müll soll kurz vor Deutschland endlagern Foto: Alexandra Wey/dpa

Bedauerlicherweise liegt Bayern von Stadel im Kanton Zürich 130 Kilometer weg: Wahrscheinlich ist das zu weit, um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu beeindrucken und seine Begeisterung für eine Laufzeitverlängerung zu dämpfen. Nach Hohen­tengen in ­Baden-Württemberg hingegen braucht man vom designierten Schweizer Endlagerstandort Nördlich Lägern jedoch nur eine Stunde zu Fuß.

Dort ist man nicht froh über die Ankündigung der Nationalen Endlagersuch-Genossenschaft (Nagra), den Atommüll gleich auf der anderen Rheinseite für die nächsten 200.000 Jahre in Ton einzuschließen. Für die Gegend ist das schlimm. Auch erschüttert das Erdbeben gleich nebenan die optimistische Einschätzung der Nagra in Bezug auf die Tektonik, und ob sie alle rechtlichen oder plebiszitären Hürden nimmt, wird erst in zehn Jahren feststehen.

Dadurch, dass die professionellen End­la­gen­su­che­r*in­nen den jetzt für ideal befundenen Standort 2015 für ungeeignet erklärt und erst auf Druck der Atomaufsichtsbehörde wieder ins Verfahren zurückgeholt hatten, ergeben sich möglicherweise juristische Hebel und ganz sicher Zweifel an der sachlichen Motivation, ihn jetzt doch zu wählen.

Das erinnert daran, dass es um ein Problem geht, für das es keine gute Lösung gibt. Von den schlechten hatte die Schweiz, das Verfahren betreffend, mit einer – so die Idee – unabhängigen Genossenschaft schon vor 50 Jahren die beste gefunden. Man hält am Grundsatz fest, selbst produzierten Müll zu Hause zu verklappen. Und dass man bei der Frage des Wirtsgesteins auf Opalinuston-Standorte verfallen ist, scheint geologisch nachvollziehbar.

Bedeutet: Es kann fachlich gute Argumente gegen Nordlich Lägern geben. Die Nähe zu Deutschland gehört nicht dazu. Denn keiner der nach den benannten Kriterien plausiblen Standorte läge in nennenswert größerer Entfernung zur Grenze. Darauf Rücksicht zu nehmen, wie deutsche Bürgerinitiativen von der Schweiz fordern, ist blanker Nationalismus: Kein Land hat einen Anspruch auf einen Sicherheitskorridor zum Nachbarn.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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