Vorfall in Rostock-Lichtenhagen: Spritzattacke durchs Wohnungsfenster

Der Staatsschutz ermittelt wegen einer Attacke auf einen Mann. Ein Antifa-Account hatte ihm vorgeworfen, den Hitlergruß gezeigt zu haben.

Sonnenblumnen in einer Vase vor einer gekachelten Wand

Blumen vor der Fassade des Sonnenblumenhauses am Jahrestag des Pogroms Foto: Bernd Wüstneck/dpa

ROSTOCK/BERLIN dpa/epd/taz | Nach einem Angriff mit einer unbekannten Flüssigkeit auf einen Anwohner in Rostock-Lichtenhagen hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Es bestehe der Verdacht einer politisch motivierten Straftat und der gefährlichen Körperverletzung, sagte ein Polizeisprecher am Montag in Rostock. Hintergrund sei, dass etwa viereinhalb Stunden vor der Attacke ein Bild des Opfers auf dem Twitter-Account der antifaschistischen Gruppierung Alerta Berlin veröffentlicht worden war.

In einem Tweet zu dem wenige Sekunden langen Video wird behauptet, dieser Mann habe am Rande einer Demonstration am Samstag in Lichtenhagen aus einem Fenster des Sonnenblumenhauses den Hitlergruß gezeigt. In der Videosequenz ist das nicht zu erkennen. Einem zweiten Tweet ist ein Foto angehängt, auf dem schemenhaft zu erkennen ist, dass der Mann ein T-Shirt mit einem Reichsadler oder ähnlichem trägt. Der Twitter-Account Alerta Berlin verbreitet nach eigenen Angaben Aufrufe zu „Aktionen und Demoticker“. Als Logo hat er das Symbol der Antifaschistischen Aktion.

In Rostock-Lichtenhagen hatten sich am Samstag mehrere Tausend Menschen versammelt, um an die rassistischen Übergriffe in dem Stadtteil vor 30 Jahren zu erinnern. Das Sonnenblumenhaus war damals von rechtsextremen Demonstranten angezündet worden, um dort lebende Vietnamesen zu vertreiben.

Der 25-jährige Mann war bei der Attacke am Samstagabend wenige Stunden nach der Demonstration mit einer bisher unbekannten Flüssigkeit bespritzt worden, die starkes Brennen und Rötungen auf der Haut hervorrief. Nach Angaben der Polizei hatten vermummte Täter gegen das Wohnungsfenster des Opfers im Erdgeschoss geklopft. Als der Bewohner das Fenster geöffnet habe, sei er mit der Flüssigkeit – die nach Chili- oder Tabascosoße gerochen haben soll – im Gesicht und am nackten Oberkörper besprüht worden. Die Täter flohen, der Mann kam in eine Klinik, die er am Sonntag wieder verlassen konnte. Ein Polizeisprecher bestätigte am Sonntag auf Nachfrage, dass es sich bei dem zu sehenden Mann um das spätere Angriffsopfer und bei der Wohnung um den Tatort handelt.

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Am 22. August 1992 begannen die tagelangen Angriffe auf das Flüchtlingsheim in Rostock-Lichtenhagen. Für die taz berichtete damals die spätere Chefredakteurin Bascha Mika in drei Reportagen von vor Ort. Im ersten Text beschrieb sie, wie Tausende AnwohnerInnen ihre Leute anfeuerten: „Skins, haltet durch!“ Im Bericht vom zweiten Tag erzählt sie, dass sich die Polizei, kurz bevor der erste Brandsatz flog, zum Schichtwechsel zurückzog. In der dritten Reportage schrieb Bascha Mika über die hunderte Rechte, die immer noch zu den mittlerweile leeren Plattenbauten ziehen.

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