Hoteliere protestiert gegen Abschiebung: Kein Kellner – kein Mittagessen

Nachdem ein Mitarbeiter ausgewiesen wurde, sagte eine Hoteliere ein Mittagessen einer Landtagsdelegation in ihrem Hotel ab. Sie brauche den Mann.

Hansen kopft Gjoni vor dem Historischen Krug in Oeversee auf die Schulter

Will nicht hinnehmen, dass ihr Mitarbeiter Aldo Gjoni (r.) ausgewiesen wurde: Lenka Hansen-Mörck Foto: Michael Staudt

HAMBURG taz | Fünf Jahre arbeitete Aldo Gjoni für Lenka Hansen-Mörck in ihren beiden Hotels, dem Historischen Krug in Oeversee und dem Alten Gymnasium in Husum. Er war gut integriert, sogar verlobt – und für seine Chefin unersetzbar. Nun wurde er nach Albanien abgeschoben. Hansen-Mörck reagierte mit der Ausladung einer Delegation des Landtages Südtirol. Die Gäste des Schleswig-Holsteiner Landtags hätten eigentlich im Alten Gymnasium zu Mittag essen sollen.

Die Hoteliere will die Ausladung nicht als politische Aktion verstanden wissen. „Wir haben jetzt schon einen großen Mitarbeitermangel. An diesem Montag hätte nur Aldo Gjoni die Veranstaltung betreuen können“, erklärt sie.

Aldo Gjoni war ihr 2017 von der Jugendhilfe-Einrichtung Sternipark vermittelt worden und hatte eine Ausbildung im Historischen Krug begonnen. Kurz nach deren Beginn wurde sein Asylantrag jedoch abgelehnt. Seiner Arbeitgeberin erzählte er davon nicht. „Er bat mich um Urlaub, damit er seine Familie besuchen kann“, erinnert sich Hansen-Mörck. Für die Ausländerbehörde war der Fall mit Gjonis Ausreise abgeschlossen, doch der junge Mann kam nach kurzer Zeit wieder, unbemerkt von den Behörden, und beendete die Ausbildung.

Ein Kollege meldete den Kellner bei der Ausländerbehörde

Im April dieses Jahres meldete ihn dann ein Kollege, dem er sich anvertraut hatte, bei der Ausländerbehörde. „Als Aldo dann zu mir kam, da war das Kind natürlich schon in den Brunnen gefallen“, sagt Hansen-Mörck. Sie kümmerte sich darum, dass Gjoni einen Anwalt bekam. Ein Jurist aus dem Hotel betreute den jungen Mann ebenfalls. 2020 hatte Gjoni versucht, seinen Status in der deutschen Botschaft in Albanien legalisieren zu lassen. Er bekam jedoch keinen Termin. Somit blieben alle Mühen vergeblich.

Für Hansen-Mörck ist Gjoni vor allem ein unersetzlicher Mitarbeiter. Ihr Einsatz für ihn hat aber auch andere Gründe. „Aldo hat bis zu 70 Prozent seines Gehalts zu seiner Familie geschickt, damit seine Schwestern in die Schule gehen können. Das finde ich für so einen jungen Mann schon außergewöhnlich.“ Außerdem sei Gjoni bei einer Anhörung zu seinem Asylantrag im Jahr 2018 von der Ausländerbehörde reingelegt worden. Die Anhörung sei ohne Dolmetscher und Rechtsbeistand durchgeführt worden. „So geht das nicht“, schimpft die Hoteliere.

Sie kann nicht nachvollziehen, wieso bei dem herrschenden Fachkräftemangel in der Hotelbranche eine gut ausgebildete Fachkraft ausgewiesen wird. „Jeder Beamte hat einen Ermessensspielraum in solchen Fällen. Dass man hier so hart entscheidet, macht mich einfach nur traurig und sprachlos“, sagt Hansen-Mörck.

Das Bundesamt für Migration möchte den Einzelfall auf Nachfrage der taz nicht kommentieren. Die Behörde gibt aber allgemein an, dass Asylanträge nur auf Basis von der Gefahrenlage für den/die Asylsuchende/n in seiner/ihrer Heimat bewertet werden. „Integrationsleistungen kann und darf das Bundesamt bei der Entscheidung im Asylverfahren nicht berücksichtigen“, heißt es weiter.

Lenka Hansen-Mörck, Hoteliere

„Die Behörden behandeln einen unschuldigen jungen Mann wie einen Kriminellen“

Für Aldo Gjoni ist diese Entscheidung eine Katastrophe. „Er lebt in einer Gegend, in der es nicht viel gibt für ihn. Seine Familie ist auf sein Gehalt angewiesen“, sagt Hansen-Mörck. Es drohe ihm sogar ein zweijähriges Einreiseverbot nach Deutschland. Damit würde er auch seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Rente verlieren. „Die Behörden behandeln einen jungen Mann, der sich nichts zu schulden kommen lassen hat und seine Steuern und Sozialbeiträge gezahlt hat, wie einen Kriminellen“, sagt seine Chefin.

Auch für sie habe die Abschiebung drastische Konsequenzen: „Wenn ich keinen neuen Mitarbeiter finde, dann muss ich den Restaurantbetrieb in einem der Hotels einstellen“, sagt sie. Ihre Hotels hätten in der Vergangenheit Bundespräsidenten und ausländische Delegationen beherbergt. Sie fühle sich nicht wertgeschätzt.

Durch die mediale Aufmerksamkeit erhofft sie sich nun ein Umdenken bei den Behörden. „Aldo Gjoni muss sofort zurückkommen und seinen Status legalisieren dürfen“, fordert die Hotelbesitzerin. Ansonsten seien die Zukunft ihrer Hotels und von Aldo Gjoni und seiner Familie massiv bedroht.

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