Protest gegen Tschechiens Regierung: Vom Volk weit entfernt

Der Großprotest in Prag offenbart: Tschechiens Regierungschef Fiala dringt mit seinen Durchhalteparolen nicht durch. Auch die Opposition versagt.

Demonstration mit tschechischer Flagge in Prag

Nachlassende Solidarität mit der Ukraine: „Tschechische Republik zuerst“, fordern Demonstranten Foto: Petr David Josek/ap/dpa

Als Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala am 1. September das neue Schuljahr in Tschechien mit einer Stippvisite in einer Grundschule einläutete, hatte er für die Erstklässler nicht nur Tipps für den beginnenden Ernst des Lebens mit dabei, sondern auch einen beliebten tschechischen Kinderbuchklassiker namens „Käferchen“, den er als Lebensweisheit für Abc-Schützen unter seinen kleinen Gastgebern verteilte. Was als kleiner PR-Gag und Schulterschluss zwischen Politik und Bürgern-in-process gedacht war, zeigte sich als weiterer „Fail“ in Fialas glücklosem Regieren.

Die Käferchen sind allesamt unmündige kleine Würmchen, die sich glücklich damit arrangiert haben, sich von einer unbekannten spekulativen Macht von außen determinieren zu lassen. Ihre Geschichte endet damit, dass der Winter kommt und alle erfrieren. Ob Fiala mit seiner Buchwahl etwas andeuten oder ob er einfach erneut unter Beweis stellen wollte, dass er im Dunkeln tappt, sei dahingestellt. So wie er sich verhält, wäre beides möglich.

Angetreten als bürgerlicher Politologieprofessor schaut Fiala nach zehn Monaten Regierungszeit eher drein, als ob ihn selbst das Verständnis eines Kinderbuches überfordern würde. Dem Ministerpräsidenten fehlt der Gegenstandsbezug: Durchhalteparolen gegen Wladimir Putin und für den Westen verringern die berechtigten Ängste der Durchschnittstschechen nicht. Von denen hat sich die Regierung längst entfremdet, wobei die Alternative nicht im Parlament, sondern im politischen Randspektrum sitzt.

Doch der demokratische Prozess hat in Tschechien schon längst einen Knacks. Denn genauso wie die Regierung versagt die Opposition, die eher dem demokratischen System im Land und seinen internationalen Verbindungen gilt als der aktuellen Politik. Beide Oppositionsparteien, kurz Babis Okamura, bieten dabei keine Alternative. Sie sind Rattenfänger, nichts weiter. Das Problem Fialas ist aber, dass er ihnen die Weisen gibt, zu der sie ihre Musik spielen.

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