Neuer Tesla-Wald in Brandenburg: Experiment mit offenem Ausgang

Für die Rodungen in Grünheide musste Tesla einen neuen Wald pflanzen lassen. Der Ersatzwald in Grunow wurde nun erstmals begutachtet.

Fläche mit Eichensetzlingen

Axel Behmann, Hans-Jürgen Sturies und Anne Schöps von der Flächenagentur auf der Neuwaldfläche

GRUNOW taz | Isabell Hiekel ist beeindruckt. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Neupflanzung nach diesem trockenen Sommer so aussieht“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete am Freitag im ostbrandenburgischen Grunow. Hiekel hat zur Exkursion eingeladen, um eine erste Zwischenbilanz beim sogenannten Tesla-Wald zu ziehen. Auch zwei Vertreter von Tesla sind zum Vorort-Termin gekommen.

In Grunow hatte das Projekt „Naturraum für Generationen“ im Januar 150 Hektar Neuwald gepflanzt. Insgesamt soll in den kommenden Jahren auf 520 Hektar neuer Wald zwischen Beeskow und Grunow im Landkreis Oder-Spree entstehen. Der größte Teil davon ist eine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme für die Rodung von 173 Hektar Kiefernforst in Grünheide durch den US-Autobauer.

Auf der Bundesstraße 246 von Grunow Richtung Beeskow zeigt Axel Behmann eine Fläche, auf der er Stieleichen angepflanzt hat. Der Geschäftsführer von „Naturraum für Generationen“, der die Aufforstung im Auftrag der Flächenagentur des Landes Brandenburg vornimmt, erklärt, dass er an dieser Stelle umplanen musste. Ursprünglich sollte die Pflanzung von Klee einen organischen Waldboden simulieren. „Aber wir haben die Mäuse unterschätzt“, sagt Behmann. Nun wird der Klee maschinell wieder entnommen, damit sich die Nager nicht verstecken können. Auf der Fläche stehen Ansitzstangen für Raubvögel. Mit ihnen versucht Behmann, der Mäuseplage Herr zu werden.

Den Buchen geht es schlecht

Mitgebracht hat Axel Behmann seinen Förster Hans-Jürgen Sturies. „Was wir pflanzen, ist entweder ein Fehler für die nächsten 100 Jahre oder die richtige Entscheidung“, sagt Sturies und stellt fest, dass vor allem die Ahornsetzlinge gut durch den Sommer gekommen sind. „Auch die Traubeneiche sieht gut aus.“

Nicht ganz so gut geht es den Rotbuchen. Der Tesla-Wald soll ein abwechslungsreicher Mischwald werden, auch Birken wurden gepflanzt. Gerne würde Sturies nun mehr auf die Arten Ahorn und Eiche setzen. Doch davon gibt es nicht genügend Setzlinge. „Wir kriegen in den Baumschulen vielleicht 30.000 bis 40.000 zusammen“, sagt Sturies, „wir könnten aber gut und gerne das Doppelte pflanzen.“

Dass das Saatgut knapp wird, liegt auch an den Vorschriften. Denn zugelassen für Aufforstungen als Ausgleichsmaßnahmen sind nur gebietsheimische Gehölze, also Saatgut für einheimische Bäume aus Brandenburg. Tausende Erlen, die „Naturraum für Generationen“ bereits gepflanzt hatten, mussten wieder entfernt werden. Sie kamen nicht aus dem zugelassenen Naturraum.

Auch für das Saatgut ist der Sommer ein Problem, erklärt Hans-Jürgen Sturies. „Bei den Traubeneichen haben wir dieses Jahr eine fette Mast erwartet“, sagt er. „Nun müssen wir feststellen, dass die meisten Bäume mit Notabwurf auf die Hitze reagiert haben.“ Wer unter den Eichenalleen in Brandenburg radelt, merkt das an den grünen, längst nicht reifen Eicheln, die auf den Radwegen liegen.

Axel Behmann würde angesichts des voranschreitenden Klimawandels gern auch mit nichtheimischen Gehölzen experimentieren. Darin ist er sich mit Jens Schröder einig. „Wenn es kein Saatgut für gebietsheimische Gehölze mehr gibt, muss man auch woanders im Regal hingreifen können“, sagt Schröder.

An seinem Lehrstuhl an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde forscht Schröder zum Thema Waldbau. Auf einer Versuchsfläche wollten er und Behmann herausfinden, ob nichtheimische Baumarten den Hitze- und Trockenstress besser bewältigen als der einheimische Mix aus Kiefer, Eiche und Buche. „Alternativbaumarten“ nennt das Schröder.

Axel Vogel sagt Nein

Doch das hat das von Axel Vogel (Grüne) geführte Landwirtschafts- und Umweltministerium untersagt. Nun finanzieren Behmann und die Flächeneigentümer, die sein Projekt vertritt, die Versuchsfläche auf eigene Kosten. Gepflanzt wurde etwa ein Schwarznuss-Walnuss-Hybrid, der in Südeuropa heimisch ist. Weitere 15 solcher Baumarten sollen ab Dezember auf einer Fläche von 3 Hektar folgen. Unterstützung bekommt Behmann dabei auch von Isabell Hiekel. „Wir müssen prüfen, ob wir nicht auch andere Baumarten bei der Neupflanzung zulassen können“, sagt sie.

Auf der Versuchsfläche musste Behmann eine weitere Hürde nehmen. Eine Aufforstung, die nicht als Ausgleich anerkannt wird, gilt – wie die Rodung durch Tesla – ebenfalls als Eingriff in die Landschaft. Für die Versuchsfäche muss Behmann nun selbst für Ausgleich sorgen.

Ob der Tesla-Wald am Ende als Wald anerkannt wird, zeigt sich in vier Jahren. Dann müssen die Pflanzungen von der Unteren Forstbehörde abgenommen werden. Voraussetzung ist, dass eine „Waldkultur“ entstanden ist. „Ein richtiger Wald“, sagt Axel Behmann, „ist dann in 15 bis 20 Jahren zu sehen.“

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