Strompreisdeckel und Übergewinnsteuer: Von der Leyen ohne Tabus

Gegen hohe Energiepreise: die EU-Kommission schlägt einen Strompreisdeckel und eine Art der Übergewinnsteuer vor, die auch die FDP befürworten könnte.

Eine Steckerleiste am Netz

Ein Preisdeckel für Strom soll befristet eingeführt werden Foto: imago images

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will gegen die Preisexplosion am Strommarkt vorgehen und dabei auch an Tabus rütteln. So sprach sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) überraschend für eine Variante der umstrittenen Übergewinnsteuer aus. Außerdem soll es befristete Preisdeckel für Strom geben, der nicht aus Gas erzeugt wird. Dadurch könnten erneuerbare Energien günstiger werden.

Bisher hatte sich von der Leyen stets gegen Eingriffe in den Markt ausgesprochen. Mehrere Vorstöße aus Frankreich und Spanien wurden abgewehrt. Das liberale europäische Marktdesign, das den Strompreis an den teuersten Energieträger (derzeit Gas) bindet, habe sich bewährt, hieß es in Brüssel.

Doch angesichts von Mondpreisen von über 1.000 Euro pro Megawattstunde setzt ein Umdenken ein. Von der Leyen sprach sich im ZDF dafür aus, „die überbordenden Gewinne“ von Stromerzeugern teilweise abzuschöpfen, „um gezielt kleine Einkommen und vulnerable Unternehmen zu unterstützen“.

Allerdings soll es sich nur um eine vorübergehende Abgabe handeln, nicht um eine Steuer. Von der Leyen kommt mit diesem Vorschlag den deutschen Gegnern einer Übergewinnsteuer entgegen, etwa in der FDP.

Vorbereitung auf Krisentreffen

Auch eine Änderung am Marktdesign ist plötzlich möglich. In einem Diskussionspapier, das an die deutsche Presse durchgestochen wurde, spricht die EU-Kommission von einem „Preisdeckel“ für all jene Stromerzeuger, die niedrigere Betriebskosten haben als Gaskraftwerke. Er würde den Großhandelspreis anders als ein „echter“ Preisdeckel nicht senken, aber den Verbrauchern von Strom aus Sonne und Wind zugute kommen.

Einen generellen Preisdeckel für Gas, wie ihn einige EU-Länder bereits praktizieren, soll es nach dem Willen der Brüsseler Behörde nicht geben. Zuletzt hatte sich Belgien für ein solches Preislimit ausgesprochen. Auch eine EU-weite Übergewinnsteuer ist bisher nicht geplant. Dabei hat sie sich in Italien bewährt – dort soll sie 10 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskasse spülen.

Mit ihren Vorschlägen bereitet die Kommission ein Krisentreffen der EU-Energieminister am kommenden Freitag vor. Dort werden allerdings keine Beschlüsse erwartet. Vor allem Deutschland steht auf der Bremse. Das größte EU-Land ist mit der Gasumlage einen Sonderweg gegangen und setzt auf den Markt, um die Energiewende voranzutreiben.

Milliarden für Uniper

Hohe Preise könnten zu Einsparungen führen und den Umstieg fördern, heißt es in Berlin. Allerdings musste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits mehrfach intervenieren, um negative Folgen der Marktexzesse abzuwehren.

So sicherte Habeck dem Energiekonzern Uniper staatliche Milliardenhilfen zu, um ihn vor der drohenden Pleite zu retten. Weil günstige Gaslieferungen aus Russland ausbleiben, muss sich Uniper zu horrenden Preisen mit Gas vom europäischen Markt eindecken, was zu riesigen Verlusten führt.

Ein weiteres Problem ist, dass der Energiemarkt von der realen Welt entkoppelt ist. So fielen die Preise für Gas und Strom in der vergangenen Woche, obwohl Russland die Gaslieferung über die Ostseepipeline Nord Stream 1 am Mittwoch für vorerst drei Tage unterbrochen hat. Experten sprachen vom Platzen einer spekulativen „Preisblase“.

Im Europaparlament stießen die Vorschläge der Kommission auf ein positives Echo. Er begrüße einen Gaspreisdeckel, sagte der Sprecher der deutschen Grünen, Rasmus Andresen. „Ein europäischer Gaspreisdeckel von maximal 100 Euro könnte Armut – und eine tiefe Krise – verhindern“. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe, Markus Pieper (CDU), nannte die Pläne eine „wirksame Entlastung für private Stromkunden und Wirtschaft“. Die Markteingriffe müssten aber „zeitlich begrenzt bleiben“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.