Pressefreiheit in Thüringen: Bürgermeister greift Journalisten an

Der parteilose Bürgermeister von Bad Lobenstein Thomas Weigelt attackierte einen Journalisten. Nun wird sein Rücktritt gefordert.

Der Bürgermeister Thomas Weigelt streckt seine Hand aus

Der parteilose Bürgermeister von Bad Lobenstein Thomas Weigelt attackierte einen Journalisten Foto: Peter Hagen/OTZ

BERLIN taz | Als der Bürgermeister Thomas Weigelt auf dem Marktfest der thüringischen Kleinstadt Bad Lobenstein sieht, dass ein Journalist sein Gespräch mit einem mutmaßlichen Reichsbürger und einem AfD-Politiker filmt, reagiert er offenbar blitzschnell. Eine Videoaufnahme zeigt, wie Weigelt rasch vom gemeinsamen Stehtisch in Richtung Kamera eilt und augenscheinlich handgreiflich wird. Er stößt die Kamera weg, drängt den Journalisten zurück – dann wird es unübersichtlich, weil die Kamera und offenbar auch der angegriffene Journalist zu Boden gehen.

Gefilmt hat das Video Peter Hagen, der für die Ostthüringer Zeitung der Funke-Mediengruppe arbeitet und in der Vergangenheit über die Verbindungen des parteilosen Bürgermeisters in die Reichsbürgerszene berichtete. Nach eigenen Angaben wurde Hagen am Ellenbogen verletzt und ließ sich ambulant im Krankenhaus behandeln, sein Equipment sei beschädigt worden. Die Zeitung verurteilte den Angriff, die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Direkt nach dem Vorfall am Samstag hat sich bereits Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geäußert: „So etwas geht gar nicht!“ Die inakzeptable Handlung müsse geahndet werden, forderte Ramelow und drückte seine Solidarität mit dem Journalisten aus. Zugleich verwies er auf einen Vortrag des Tischnachbarn Weigelts, eines Manns, der sich offenbar als „Heinrich XIII. Prinz Reuß“ bezeichnet und in dem Beitrag Reichsbürger­ideologie verbreitete.

Mittlerweile forderten Lokal- und Landespolitiker sowie der Journalistenverband DJV den Bürgermeister zum Rücktritt auf. Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD) verurteilten den Angriff.

Weigelt spricht von „Fehde“ gegen ihn

Der DJV verwies darauf, dass der Bürgermeister nicht zum ersten Mal durch demokratiefeindliches Verhalten aufgefallen sei. Derzeit läuft ein Verfahren der Kommunalaufsicht gegen Weigelt aufgrund problematischer Facebook-Äußerungen, wo er im AfD-Sound die „systematische Ausplünderung des deutschen Volkes“ beklagte oder schlicht den Buchstaben Q postete, ein Symbol der verschwörungsideologischen ­QAnon-Bewegung. Erst Mitte Juli hatte der Bürgermeister nur knapp ein Abwahlverfahren überstanden, das an der Mindestbeteiligung scheiterte.

Zu den kruden Einlassungen des Bürgermeisters passt dessen eigene Sicht auf den Vorfall: In einer Stellungnahme erklärt er, den Journalisten nicht berührt zu haben. Auch wenn das Video den gegenteiligen Eindruck erweckt, behauptet Weigelt, dass der Journalist beim Zurückweichen gegen einen älteren Herrn gestoßen sei, wodurch beide zu Boden gingen. Darüber hinaus sprach er von einer „Fehde“ des Journalisten gegen ihn, der seine „persönliche Abneigung“ in die Berichte einfließen lasse. Zuvor habe der Journalist versucht, auf einen nichtöffentlichen Empfang zu gelangen, und dabei angeblich Weigelts Frau bedroht. Auch die AfD stimmte in die Täter-Opfer-Umkehr ein.

Die Funke-Mediengruppe wies das zurück. Der Reporter habe kritische Fragen gestellt. Das zeigt auch ein weiteres Video, in dem der Journalist den Bürgermeister vorm Empfang fragt, welche Verdienste „Heinrich XIII.“ um die Stadt habe. Statt zu antworten, schmeißt Weigelt den Journalisten raus.

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