Abschiebezentrum am BER: Abschieben um jeden Preis

Beim geplanten Abschiebezentrum am BER wird getrickst was das Zeug hält. Die Steu­er­zah­le­r*in­nen kostet das Millionen. Ein Wochenkommentar.

Ein Demonstrant in Schönefeld hinter einem Banner mit der Aufschrift Against Deportation Center.

Das Brandenburger Innenministerium will das Abschiebezentrum gegen alle Widerstände durchsetzen Foto: Christophe Gateau/dpa

Während sich ganz Deutschland über die Gier der mittlerweile geschassten Ex-rbb-Intendantin Patricia Schlesinger und die Vetternwirtschaft beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk empört, droht ein weiterer Skandal in Sachen Steuergeldverschwendung und Klüngeleien unterzugehen: das Millionengrab Abschiebezentrum am Flughafen BER. Zwar geht es hier nicht um teuren Champagner, Luxus-Dienstwagen oder Edel-Parkettfussboden, der Schaden für die Öffentlichkeit ist dafür nicht minder groß.

Wie in dieser Woche bekannt wurde, soll das geplante „Behördenzentrum“, hinter dessen Name sich das umstrittene Abschiebezentrum in Brandenburg versteckt, fast eine halbe Milliarde Euro kosten. Oder wie Schlesinger sagen würde: Mehr als 360.000 Massagesessel oder 11 Millionen Flaschen Champagner. Nicht für die Flüchtlinge natürlich, die bekommen ja schon ein Gratis-Ticket in ein Land, in das sie nicht zurück wollen und aus dem sie nicht ohne Grund und unter Einsatz ihres Lebens geflohen sind.

Champagner fließen dürfte dafür beim wegen Korruption vorbestraften Investor Jürgen B. Harder und seiner Ehefrau, Ex-DDR-Schwimmstar Franziska van Almsick. Die würden durch den Deal mit dem Land Brandenburg schätzungsweise 200 Millionen Euro Gewinn einstreichen. Zu verdanken haben sie die Rekord-Rendite ausgerechnet der Linken: Wäre deren ehemaliger Finanzminister Christian Görke nicht so stur gewesen und hätte sich diesem überdimensionierten, unnötigen und menschenverachtenden Projekt nicht hartnäckig verweigert, hätte die SPD keinen krummen Deal mit einem windigen Investor machen müssen, um das Finanzministerium zu umgehen und das Projekt am Landtag vorbei durchzusetzen.

Es ist eben nicht einfach mit diesen ewigen Be­den­ken­trä­ge­r*in­nen von der Linken, die statt „effizienter Rückführungen“ lieber rechtsstaatlich einwandfreie Asylverfahren bevorzugen und das Geld in die soziale Infrastruktur statt in die Abschiebeindustrie stecken wollen. Wenn Ex-Bundesheimatminister Horst Seehofer, dessen Herzensprojekt das Abschiebezentrum am BER war, sich 69 Abschiebungen zu seinem 69. Geburtstag wünscht, dann soll er sie auch bekommen, was sind da schon 471 Millionen Euro?

Die Grünen sind gefragt

Zunächst einmal sehr sehr viel Geld. Geld, das in die Bekämpfung des Pflegenotstands, für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken, die nachhaltige Aufforstung abgebrannter Wälder, die Unterstützung armer Menschen angesichts steigender Preise oder in Projekte gegen Rechtsextremismus gesteckt werden könnte. Das alles würde den Bür­ge­r*in­nen in Brandenburg sehr viel mehr bringen als ein eigenes Flughafenterminal für ein paar Hundert Abschiebungen pro Jahr.

Die Linke ist in Brandenburg nicht mehr an der Regierung und Görke sitzt mittlerweile im Bundestag. Ob SPD und CDU Brandenburg zu einem Abschiebehotspot und Jürgen B. Harder zu einem noch reicheren Mann machen werden, hängt daher maßgeblich von den Grünen ab. Die tragen als Koalitionspartner Mitverantwortung für das Projekt und hüllen sich in Sachen Abschiebezentrum bislang in Schweigen. Wenn das Kabinett nächste Woche darüber entscheidet, ob sich das Land vertraglich an den Investor Jürgen B. Harder bindet, werden sie Farbe bekennen müssen. Dann wird sich zeigen, wie weit die Grünen zu gehen bereit sind, um an der Macht zu bleiben.

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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