Motorisierte Gewalt im Straßenverkehr: Vermeidbarer Kulturkampf

Bedrängen, Schneiden, Anfahren – immer wieder nutzen Au­to­fah­re­r:in­nen ihr Gefährt als Waffe. Helfen würden baulich getrennte Radwege.

Ein Radfahrer fährt eng an einem Mercedes vorbei

Wo Überholabstände gering sind, sind Konflikte vorprogrammiert Foto: dpa

Ein Auto macht regelrecht Jagd auf einen Radfahrer – anders lässt sich die Szene nicht beschreiben, die am Donnerstag in einem Video beim Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlicht wurde. Der oder die Fahrerin eines „VW Up“ drängt einen Lastenradfahrer von der Radspur – als dieser auf den Fußweg ausweicht, beschleunigt der VW, um dem Fahrradfahrer dort weiter hinten den Weg abzuschneiden.

Dem Radfahrer passiert zum Glück nichts, wie Philipp Köster, der das Video in der Danziger Straße in Prenzlauer Berg beim Vorbeifahren aufgenommen hatte, auf Twitter berichtet.

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Es ist schon der zweite Vorfall in dieser Woche, in dem lebensbedrohliches Verhalten von Au­to­fah­re­r:in­nen gegenüber Rad­fah­re­r:in­nen auf Twitter die Runde macht. Bereits am Montag wurde der Radfahrer Bodo Tasche in Friedrichshain mutwillig von einem Free-Now-Taxi-Fahrer gerammt, nachdem Tasche ihn aufgefordert hatte, nicht auf der Radspur zu parken.

Dieser habe sich davon unbeeindruckt gezeigt, wie Tasche gegenüber der taz schildert. Daraufhin habe der Software-Entwickler den Seitenspiegel des Taxis umgeklappt und sei weiter gefahren. Der Taxifahrer verfolgte Tasche und rammte ihn mutwillig von hinten.

Die Folge: Schmerzen in Rücken und Kopf sowie ein komplett zerstörtes Fahrrad. „Es hätte noch viel schlimmer kommen können“, sagt Tasche, der infolge des Aufpralls mehrere Meter durch die Luft geschleudert wurde.

Nehmen die Exzesse zu?

In beiden Fällen hat die Polizei Ermittlungsverfahren gegen den Autofahrer wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet. Im Falle des Free-Now-Fahrers wurde bereits am selben Tag der Führerschein eingezogen.

Ob solche Gewaltexzesse gegenüber Radfahrenden zunehmen, lässt sich, abgesehen von der subjektiven Wahrnehmung, nur schwer objektiv belegen. Weder die Polizei noch die Fahrrad-Interessenvertretung ADFC führen gesonderte Statistiken über Vorfälle dieser Art.

Ver­kehrs­psy­cho­lo­g:in­nen sprechen von einer „natürlichen Konkurrenzsituation“, in der sich Ver­kehr­teil­neh­me­r:in­nen befinden und die Aggressionen fördert. Hinzu kommt, dass die soziale Kontrolle durch Mitmenschen in Autos meistens fehlt.

„Dadurch, dass immer mehr und immer größere und schwerere Autos auf den Straßen unterwegs sind, steigt der Stress“, vermutet Solveig Selzer, stellvertretende Pressesprecherin und politische Referentin des Berliner ADFC. „Besonders dort, wo Mischverkehr herrscht, ist größte Rücksichtnahme gefordert.“

Doch allein Appelle zu stärkerer gegenseitiger Rücksichtnahme sind im harten Alltag auf den Berliner Straßen erfahrungsgemäß wenig fruchtbar. Effektive Abhilfe schaffe letztendlich nur eine Infrastruktur, in der sich Radfahrende und Autofahrende gar nicht erst in die Quere kommen, so der ADFC, also etwa durch baulich – mit Pollern oder Blumenkübeln – abgetrennte Radspuren. „So können Konfliktsituationen von vornherein vermieden werden“, sagt Selzer.

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