Parallelregierungen in Libyen: Erneut Kämpfe um Tripolis

Zum dritten Mal gescheitert: Der ostlibysche Gegenpremier versuchte den Regierungssitz des Premiers in der Hauptstadt Tripolis einzunehmen.

Ein ausgebranntes Auto vor einem Gebäude

Eine neue Runde der Zerstörung in Libyens Hauptstadt Tripolis Foto: Yousef Murad/ap

TUNIS taz | Bei schweren Kämpfen wurden am Samstag in der libyschen Hauptstadt Tripolis mindestens 32 Menschen getötet, über 160 nach Angaben lokaler Krankenhäuser verletzt. Milizen beschossen sich in mehreren Wohngebieten der Metropole mit Luftabwehrgeschützen und Raketen.

Einige Kampfzonen waren auch am Sonntag für Freiwillige der Hilfsorganisation Roter Halbmond noch unerreichbar, die Zahl der Opfer dürfte daher wohl weit höher liegen. Begonnen hatte der erneute Krieg um Tripolis mit einem Überfall auf eine regierungstreue Miliz in einer Straße im Zentrum. Gleichzeitig griffen Anhänger der ostlibyschen Parallelregierung von Fathi Bashaga strategisch wichtige Kontrollpunkte westlich und südlich der Hauptstadt an.

Nach Treffern auf Tankstellen und brennenden Straßenzügen schwebte am Nachmittag schwarzer Rauch über der Stadt, Menschen suchten in Cafés, Restaurants oder zu Hause Schutz.

Seit Februar beanspruchen zwei Regierungen die Macht in dem ölreichen 6-Millionen-Einwohner-Land für sich: Der schwerreiche Geschäftsmann Abdul Hamid Dbaiba war im Januar 2021 von einer Wahlkommission unter Vermittlung der Vereinten Nationen für ein Jahr zum Übergangspremier ernannt worden. Doch die für Dezember letzten Jahres geplanten Wahlen wurden im letzten Moment abgesagt. Milizen hatten mit Gewalt gedroht, da mit Muammar al-Gaddafis Sohn Saif al-Islam, dem Warlord Chalifa Haftar und schließlich auch Dbaiba für die jeweils andere Partei untragbare Gegenkandidaten angetreten waren.

Dbaiba versichert: Den Kämpfen seien Gespräche vorausgegangen

Dbaiba blieb entgegen seinem Versprechen im Amt und gewann dank üppiger Geldzahlungen die Gunst des Kartells der verschiedenen Hauptstadtmilizen von Tripolis.

Haftar und der Parlamentspräsident Aguila Saleh versuchten es nach dem Scheitern ihrer Militäroffensive auf Tripolis mit der Nominierung eines Gegenpremiers – Bashaga. Doch der im Frühjahr Ernannte scheiterte nun ein drittes Mal daran, in die Hauptstadt zu gelangen.

Nach dem Abflauen der Kämpfe besuchte Premier Dbaiba nun an wichtigen Punkten stationierte Militäreinheiten. Die Gespräche mit den schwerbewaffneten und von der Heftigkeit der Kämpfe selbst überraschten Kämpfern diente nicht nur als Beweis seiner Anwesenheit in Tripolis. Den ihn begleitenden Journalisten versicherte Dbaiba ungefragt, dass den Kämpfen Gespräche mit der Parallelregierung von Bashaga vorausgegangen seien.

Beide Seiten müssen aufgrund der vielen zivilen Opfer und der Zerstörung ganzer Straßenzüge den Unmut der Bevölkerung fürchten.

Türkische Bayraktar-Drohnen könnten entscheidend gewesen sein

„Um ein Blutvergießen zu verhindern, habe ich schon vor längerer Zeit vorgeschlagen, Ende dieses Jahres Wahlen abzuhalten“, so Dbaiba. Sein Regierungssprecher Mohamed Hammouda behauptet, die dritte Runde der Verhandlungen hätte am Freitag in der Hafenstadt Misrata stattfinden sollen. Doch Bashagas Verhandlungsteam habe das Treffen im letzten Moment abgesagt, so Hammouda.

Entscheidend könnte am Samstag wieder einmal die türkische Militärhilfe für die Regierenden in Tripolis gewesen sein. Nach den Attacken türkischer Bayraktar-Drohnen brachen Bashaga-treue Truppen ihren Marsch auf Tripolis ab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.