Fischsterben nach Chemieunfall: Quecksilber verseucht die Oder

Flussausbau könnte mitverantwortlich für Fischsterben sein. In der Oder könnte bei Baggeraktivitäten Quecksilber freigesetzt worden sein.

Tote Fische treiben im Wasser

Tote Fische treiben auf der Oder bei Schwedt am 12 August Foto: Patrick Pleul/dpa

BERLIN taz | Das massive Fischsterben an der Oder hängt offenbar mit einem Chemieunfall im polnischen Oppeln zusammen. Wasserproben ergaben Hinweise auf eine erhebliche Quecksilberbelastung. Polnische Behörden hatten zuvor vom giftigen Lösungsmittel Trimethylbenzol gesprochen.

Das Fischsterben beunruhigt seit Tagen die Menschen in der Grenzregion. Laut der polnischen Wasserbehörde wurden inzwischen zehn Tonnen verendeter Fisch aus dem Fluss geborgen. Die brandenburgischen Landkreise Uckermark und Barnim warnten vor Kontakt mit dem Wasser der Oder, solange die Ursachen unklar sind.

Für die Verseuchung gebe es offenbar zwei Ursachen, die sich überlagern, sagt Christian Wolter vom Leibniz Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. „Die größte Quelle von Quecksilber sind die Sedimente. Dort liegen die Altlasten“, sagte er zur taz. Das Schwermetall benutzten Landwirte früher zum Beizen des Saatguts. Über die Jahrzehnte lagerte es sich im Sediment des Flusses an. Dass es jetzt in Wasserproben gefunden wurde, ist für Wolter ein Indikator für Baggeraktivitäten im Zuge des umstrittenen Ausbaus der Oder. Durch die Arbeiten werde das Sediment aufgewirbelt und das Quecksilber freigesetzt. Der Oderausbau ist seit Langem Streitpunkt zwischen Umweltverbänden und zuständigen Behörden.

Laut Wolter müsse man zwischen der Todesursache der Fische und der Quecksilberbelastung unterscheiden. Er bezweifelt nicht, dass ein organischer Stoff die Oder verseuchte. Trimethyl­benzol, das polnische Behörden festgestellt haben wollen, ist fischtoxisch, sagt der Experte, also wohl der Hauptgrund für das Fischsterben. Das Quecksilber hingegen sei sicher nicht die alleinige Todesursache. Viel gefährlicher für die Fische sei der durch Baggerarbeiten aufgewirbelte Feinschlamm. „Der trägt auch zur Sauerstoffzehrung bei und stresst den ohnehin schon gestressten Fisch über einen Toleranzpunkt hinaus, sodass das Tier stirbt“, so der Fischökologe.

Schlechte Kommunikation zwischen Behörden

Laut Infrastrukturministerium in Warschau haben polnische Behörden bereits Ende Juli auf Hinweise auf ein Oder-Fischsterben reagiert. Deutsche Behörden erreichte diese Information aber erst deutlich später. Er sei nicht nur vom Sterben der Fische erschüttert, sondern auch „vom Versagen der Informationskette aus Polen“, sagte Benjamin Raschke, Grünen-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag. Warum die Kommunikation nicht funktionierte, ist bisher unklar. Die Internationale Kommission zum Schutz der Oder (Ikso) äußerte sich auf taz-Anfrage nicht zu dem Vorfall.

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