Kritik an Gasimporteuren: Gasumlage trotz Milliarden­­gewinn

Die Kritik an der Hilfe für Gasimporteure wächst. Eine Empfänger-Liste zeigt, dass Steuergelder auch an hochprofitable Konzerne fließen.

Robert Habeck steht mit Schutzhelm auf einem Gasspeicher

Geld aus der Umlage enthält auch VNG, dessen Gasspeicher in Lauchstädt Robert Habeck hier besucht Foto: Soeren Stache/dpa

BERLIN taz | Wie hoch die neue Gasumlage ausfällt und wer sie bezahlen muss, steht seit gut einer Woche fest. Doch wer alles von ihr profitiert, war bisher nur teilweise bekannt – denn die Information, welche Gasimporteure die Unterstützung beantragt haben, galt als Geschäftsgeheimnis, das nicht ohne Zustimmung der Empfänger öffentlich gemacht werden durfte. Doch nachdem diese Zustimmung nun vorliegt, hat die Trading Hub Europe GmbH, ein Zusammenschluss der deutschen Gasnetzbetreiber, am Montag die Namen aller 12 Unternehmen bekannt gegeben, die Ansprüche geltend gemacht haben.

Und diese Liste stellt für Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein ziemliches Problem dar. Denn dieser hatte die neue Umlage, die alle Gaskunden von Oktober an mit 2,4 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich belastet, damit begründet, dass Unternehmen pleitegehen würden, wenn sie wegen der Lieferausfälle bei russischem Gas hohe Mehrkosten hätten, diese aber wegen langfristiger Verträge nicht weitergeben können. „Hierdurch entstehen den betroffenen Gasimporteuren erhebliche Verluste, die, wenn sie zu groß werden, die Unternehmen in die Insolvenz treiben würden“, heißt es auch in einem Papier des Ministeriums mit Fragen und Antworten zur Umlage (hier als pdf).

Doch während beim Energiekonzern Uniper als wichtigstem Importeur russischen Erdgases im ersten Halbjahr tatsächlich Verluste in Milliardenhöhe aufgelaufen sind, gilt das für viele der übrigen Unternehmen auf der nun veröffentlichten Liste nicht. Besonders klar ist die Lage beim österreichischen Energieversorger OMV, der kürzlich Zahlen für das gesamte erste Halbjahr 2022 veröffentlicht hat. Diese zeigen, dass der Gewinn vor Steuern bei 5,6 Milliarden Euro lag – zweieinhalbmal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Geld aus der Umlage erhält auch der Energiekonzern Gunvor, der bis zu den Russland-Sanktionen aufgrund der Krim-Annexion zum Teil dem Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko gehörte. Dieser hat seinen Gewinn im ersten Halbjahr 2022 auf mehr als 2 Milliarden Dollar verdreifacht. Auf der Liste stehen zudem die deutschen Versorger RWE, EWE und VNG sowie die Wintershall-Tochter WIEH, die ehemalige deutsche Gazprom-Tochter, die inzwischen unter dem Namen SEFE unter Verwaltung der Bundesnetzagentur steht, sowie die ausländischen Unternehmen Axpo, DXT, ENET und Vitol.

Kritik auch aus der Grünen-Fraktion

Welches Unternehmen wie viel Geld beantragt hat, ist weiterhin nicht bekannt. Uniper hatte bei der Vorstellung seiner Zahlen allerdings bekannt gegeben, dass allein auf diesen Unternehmen mehr als die Hälfte der bisher vorgesehenen Gesamtsumme von 34 Milliarden Euro entfällt. Nach taz-Informationen entfallen über 90 Prozent des Geldes auf die vier Unternehmen Uniper, SEFE, Wingas und VNG; für alle anderen sind die Summen damit entsprechend deutlich niedriger. RWE hatte bereits bekannt gegeben, dass man nur vorsorglich Ansprüche angemeldet habe, aber zunächst keine Zahlung beantragt habe; dies gilt aber dem Vernehmen nach für kein weiteres Unternehmen.

Die Kritik an der Gasumlage ist nach der Veröffentlichung am Montag noch einmal schärfer geworden. War sie bisher vor allem von Sozialverbänden und der Opposition gekommen, gibt es nun von Grünen Protest. Wenn profitable Unternehmen nicht von sich aus auf die Umlage verzichten, „müssen wir als Gesetzgeber die Kriterien anschärfen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Dieter Janecek, der taz.

Das Wirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage, dass die Umlage nur an Unternehmen gezahlt werde, die tatsächlich Gas nach Deutschland importieren und die Verträge dafür vor Mai 2022 abgeschlossen haben. Die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung würden durch Wirtschaftsprüfer überprüft. Dass auch Unternehmen Geld erhalten, die in anderen Sparten hohe Gewinne verzeichnen, begründet das Ministerium damit, dass die Verordnung dem Gleichbehandlungsgrundsatz genügen müsse; deswegen profitierten alle Importeure russischen Erdgases, auch wenn diese neben Gas auch Strom im Unternehmensportfolio bedienen.

Eine Sprecherin des Ministeriums deutete aber an, dass Gewinne aus diesen Sektoren aber auf andere Weise abgeschöpft werden könnten. „Ein Unternehmen braucht Gewinne, um sich breiter aufzustellen und sich damit auch unabhängiger von russischen Lieferungen zu machen“, erklärte sie. „Zufallsgetriebene Gewinne müssen nach Auffassung von Minister Habeck aber anders bewertet werden. Wir sind innerhalb der Koalition im Gespräch, wie das zu bewerten ist.“

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