Trockenheit in Frankreich: Brände ohne Ende?

Frankreich erlebt einen Sommer der Klimakatastrophe. Premierministerin Borne will vorbeugen. Leicht wird das nicht.

Ein Flugzeug der französischen Feuerwehr wirft roten Flammenhemmstoff über einem brennenden Gebiet ab

Weil sonst kein Wasser vom Himmel kommt: Der Wald brennt in Frankreichs Gironde am 12.08.2022 Foto: reuters

PARIS taz | Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne gönnt sich keinen Urlaub in diesen besonders heißen Sommertagen. In Begleitung ihres Innenministers Gérald Darmanin war sie an der Waldbrandfront im französischen Südwesten, um die Feuerwehr in ihrem unermüdlichen Kampf gegen seit Juli ständig neu entfachte Waldbrände zu unterstützen und zu ermutigen.

Mehr als 20.000 Hektar kostbare Pinienwälder sind in den vergangenen zehn Tagen verbrannt, immer wieder mussten Tausende von Personen vorübergehend in Sicherheit gebracht werden. Und die Gironde südlich von Bordeaux ist nicht die einzige Region, in der wegen der anhaltenden Dürre die Wälder brennen.

Auch aus Gegenden weiter im Norden bis in die traditionell eher feuchte Bretagne oder bis zur Jura-Kette hin werden Waldbrände gemeldet, die eine Heftigkeit annehmen, wie man sie sonst nur aus dem Midi, Frankreichs Süden, kannte.

Insgesamt waren bis Mitte August rund 50.000 Hektar Wald verbrannt, fast doppelt so viel wie im ganzen Vorjahr. Gleichzeitig warnen die Meteorologen bereits vor der dritten Hitzeperiode mit Rekordtemperaturen von stellenweise über 40 Grad im Schatten.

Bekämpfen oder Anpassen?

Niemand zweifelt ernsthaft daran, dass ein direkter Zusammenhang mit dem Klimawandel besteht. Auch die Regierungschefin nicht: „Wir müssen an allen Fronten handeln, um in Zukunft noch besser gerüstet zu sein und um uns auf Ereignisse vorzubereiten, von denen wir wissen, dass sie – wie diese Hitze, die wir derzeit in unserem Land seit Wochen erleben – oder auch die außergewöhnliche Dürre in diesem Jahr mit den Veränderungen des Klimas zusammenhängen“, sagte sie am vergangenen Donnerstag vor Ort.

Im Herbst werde die Regierung dem Parlament einen neuen Plan vorlegen, um diesen Phänomenen des Klimawandels zu begegnen. Dabei lässt Borne offen, ob nun aktives Vorgehen oder eine Anpassung gemeint ist: „Wir müssen mehr denn je gegen die Klimaveränderungen kämpfen, aber in unserer ökologischen Planung müssen wir uns diesen Veränderungen auch anpassen.“

Das tönt als Versprechen allzu „hohl“, meinte dazu das Online-Magazin Mediapart, das die Staatsführung streng kritisiert: In diesem „Sommer aller Desaster“ habe die Regierung „ihren Katastrophentest nicht bestanden“. Borne ließ es indes nicht bei allgemeinen Floskeln bewenden. Als Erstes möchte sie verwüstete Wälder rasch aufforsten.

Da aber nur ein Viertel der Wälder in öffentlichem Besitz ist, bleibt beispielsweise die wirtschaftliche Nutzung oder auch ein Wechsel der gepflanzten Baumarten ein heikles Thema. Zweitens sollen die Mittel für den Katastropheneinsatz verstärkt werden. Unter anderem wurde in diesem Katastrophenjahr deutlich, dass Frankreich nicht über genügend Löschflugzeuge vom Typ Canadair verfügt.

Atomenergie weiterhin Teil der Klimastrategie

An verfügbaren Feuerwehrleuten mangelt es dagegen nicht, denn laut offizieller Statistik verfügt Frankreich über fast 250.000 „pompiers“. Davon sind aber nur 20 Prozent Berufsleute oder Militärs, der Rest Freiwillige. Die Regierung hat darum die Arbeitgeber aufgefordert, diese engagierten „Amateure“ bei speziellen Katastrophen etwas entgegenkommender als bisher freizustellen. Auch waren die betroffenen Kommunen der Gironde sehr froh, dass jetzt 360 Feuerwehrleute aus Deutschland, Österreich, Polen und Rumänien samt ihren Fahrzeugen gekommen sind, um den nach wochenlangen Einsätzen erschöpften französischen Kol­le­g*in­nen zu helfen.

Anpassen, das heißt aber auch, dass die Maximaltemperatur der bereits stark erwärmten Flüsse, in die das Kühlwasser der AKWs abgeleitet wird, „vorübergehend“ überschritten werden darf, damit die Reaktoren – von denen ohnehin mehr als die Hälfte derzeit wegen Kontrollen oder Wartungsarbeiten abgeschaltet sind – weiterhin den benötigten Strom produzieren können.

Die Folgen für die Fauna und das ökologische Gleichgewicht der aufgeheizten Gewässer sind noch unklar. Zudem muss sich die Regierung darauf einstellen, dass diese „außergewöhnliche“ Situation der überaus hohen Temperaturen bereits in der nahen Zukunft nicht mehr eine Ausnahme darstellt, sondern wegen der generellen Erwärmung zur Regel werden dürfte.

Dennoch steht die Atomenergie für die französische Staatsführung mittel- und langfristig im Zentrum, um CO2-Ziele zu erreichen und Frankreich Energieversorgung sicherzustellen. Frankreich hat bei den erneuerbaren Energien einen enormen Rückstand (im Jahr 2020 nur 19,1 statt gemäß EU-Direktive 23 Prozent des Bruttoenergieverbrauchs). Das soll sich laut Macron rasch bessern. Er will Solarenergie und Offshore-Windräder im Eiltempo fördern. So schnell wird das aber nicht gehen, Borne hat zur Gesetzesvorlage erst einmal Konsultationen angekündigt.

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