Tote *trans Frau Ella: Wieder wird das Grab geschändet

Zum dritten Mal ist das Grab von Ella, die sich auf dem Alexanderplatz verbrannte, geschändet worden. Die Polizei tappt im Dunkeln.

Ein Privatbild von Ella. Sie lacht und hält einen Blumenstrauß in der Hand

Auch im Tod lässt die transfeindliche Diskriminierung nicht nach Foto: Bita Mills Photography

BERLIN taz | Das Grab von Ella Nik Bayan, jener trans* Frau, die in der queeren Szene einfach als Ella bekannt ist und die sich im September 2021 öffentlich auf dem Alexanderplatz verbrannte, wurde zum wiederholten Mal geschändet. Das teilte der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) mit. Die Polizei bestätigte der taz, dass am Abend des 23. Juli – als Hunderttausende am Christopher Street Day für mehr Toleranz protestierten – Gegenstände mit Bezug zu Ellas Suizid und ihrer geschlechtlichen Identität auf dem Grab entdeckt wurden. Die Tat werde als Hasskriminalität bewertet, so die Polizei. Der Staatsschutz ermittle wegen Störung der Totenruhe.

Georg Matzel, ein langjähriger Freund von Ella, wollte an dem Abend schlicht die Grabblumen gießen. Als er die Gegenstände entdeckte, habe es ihn „getroffen wie ein Schlag in die Magengrube“, sagte er der taz. Er könne nun nur noch „mit gemischten Gefühlen“ zum Grab gehen, nie wisse er, „ob wieder so ein Scheiß passiert ist“. Die Tä­te­r:in­nen seien ein „feiger Mob“, der „das Leben von queeren Menschen und deren Un­ter­stüt­ze­r:in­nen zerstören“ wolle.

Auch der LSVD sprach von einer „unerträglichen Tat“, die „erschrocken und zornig“ mache. „Offensichtlich wollten die Tä­te­r:in­nen Wunden aufreißen – und welcher Tag eignet sich da besser als ein Gedenktag wie der CSD?“, so Alfonso Pantisano vom Bundesvorstand der taz. Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) fand deutliche Worte und sprach von einer „widerlichen, transfeindlichen Grabschändung“.

Es ist das dritte Mal, dass Ellas Grab geschändet wird. Bereits am 1. Januar hatten Unbekannte dort einen Benzinkanister und einen Feuerlöscher platziert, nur wenige Tage später zertrampelten Menschen das Grab und traten ein Blumengesteck mit Progress Pride Flag um. Welche Gegenstände dieses Mal hinterlassen wurden, wollte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen.

Ermittlungen führen ins Leere

Ellas öffentlicher Suizid im September 2021 hatte eine große Welle der Betroffenheit ausgelöst. Sie, die in Magdeburg und Berlin lebte und sich ehrenamtlich für queere Geflüchtete engagierte, war selbst aus dem Iran geflohen, um ihrer Verfolgung als trans* Frau zu entkommen. Doch auch in Deutschland wurde sie bespuckt, attackiert und von den Behörden diskriminiert, berichteten Freun­d:in­nen nach ihrem Tod. In ihrem Suizid sehen viele deshalb eine Verzweiflungstat, ein Resultat ihrer jahrelangen Diskriminierung.

Die Ermittlungen bezüglich der Grabschändungen im Januar hat die Polizei inzwischen eingestellt – ohne die Tä­te­r:in­nen gefasst zu haben. Die Wiederholung der Tat wirft deshalb die Frage auf, wie das Grab zukünftig geschützt werden kann. Sabine Beikler, Sprecherin der Innenverwaltung, sagte der taz, man stehe im „intensiven Austausch“ mit der Polizei über mögliche Maßnahmen. Welche das konkret sein könnten, wollten weder sie noch die Polizei öffentlich machen.

Matzel sagt, er wisse, dass Ella nach ihrem Tod zu einer Person von öffentlichem Interesse geworden ist. Trans* Menschen würden zum Grab kommen, um Ella zu gedenken. „Das muss ihnen in Sicherheit ermöglicht werden“, sagt er. Der Ort habe zunehmend „den Charakter einer Gedenkstätte“ – die aber auch zum Objekt des Hasses für Rechte und Terfs (Feminist:innen, die trans* Menschen ausschließen und diskriminieren, Anmerkung der Redaktion) werde.

„Trotz der politischen Umstände wollen wir Hinterbliebenen einfach um unsere Freundin trauern“, sagt Matzel. „Wir haben ein Recht darauf, dass dieser Wunsch geachtet wird.“

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