Angriffe in Nord- und Ostsyrien: „Krieg niedriger Intensität“

Im kurdisch geprägten Nord- und Ostsyrien sterben immer wieder Menschen durch Drohnenangriffe. Als Quelle der Attacken gilt die Türkei.

Zerstörte Straße nach einem Anschlag, auf der 4 Männer stehen

Straße im Qamischli nach einem Anschlag, Archivbild von 2019 Foto: Baderkhan Ahmad/picture alliance

QAMISCHLO taz | Mehrere Drohnen- und Artillerieangriffe gab es in den vergangenen Tagen auf Nord- und Ostsyrien. Am Dienstag und Mittwoch wurden 37 Dörfer in der ostsyrischen Region Jazira, zu der auch die Großstadt Qamischlo gehört, sowie weitere Orte der kurdisch geprägten Verwaltung in Nord- und Ostsyrien bombardiert. Zehn Menschen starben, 17 wurden verletzt. Das berichtet das Rojava Information Center (RIC), eine Medienorganisation mit Sitz in Ostsyrien.

Unter den Toten vom Dienstag waren auch mindestens vier Menschen, die im Auftrag der Verwaltung Gräben in der Nähe eines Krankenhauses ausgehoben hatten, so die Zivilorganisation Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Auch am vergangenen Samstag kamen bei einem Drohnenangriff auf eine belebte Straße in Qamischlo drei Zivilisten ums Leben – darunter wohl zwei Minderjährige. Der Angriff soll einem Mitglied der Demokratischen Kräfte Syriens, der Sicherheitskräfte der semiautonomen Region, gegolten haben.

Bereits jetzt ist der August der wohl tödlichste Monat des Jahres 2022. Laut RIC kamen in diesem Jahr bei insgesamt 68 Angriffen 39 Menschen ums Leben, 79 wurden verwundet.

Russland und USA verweigern der Türkei die Einwilligung

Viele rechnen die Angriffe der Türkei zu. Seit Monaten droht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit einer Militärintervention.

Die kurdisch geprägte Verwaltung in Nord- und Ostsyrien stelle eine „terroristischen Bedrohung“ dar, bekräftigte Erdoğan zuletzt am Montag vor türkischen Diplomaten. Die Türkei möchte eine 30 Kilometer tiefe Sicherheitszone innerhalb Syriens errichten.

Bei den beiden Gipfeln der vergangenen Wochen mit Iran und Russland hatte Erdoğan vor allem bei Russland um grünes Licht für eine Invasion gebeten. Russland unterstützt in Syrien den Machthaber Baschar al-Assad und kontrolliert weitgehend den Luftraum über Nord- und Ostsyrien. Bislang stellen sich sowohl Russland als auch die USA gegen eine militärische Invasion der Türkei in diesem Gebiet.

Matthias Monroy, Redak­tionsmitglied der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei und Experte für Drohnen, bezeichnet das Vorgehen der Türkei als einen„Krieg niedriger Intensität“. Dabei, erklärt er weiter, „verletzt das türkische Militär das Völkerrecht, etwa durch den unterschiedslosen Angriff auf die Zivilbevölkerung“. Auch das von der Türkei gern bemühte Selbstverteidigungsrecht als Begründung der tödlichen Maßnahmen lasse sich völkerrechtlich nicht herleiten, so Monroy.

Währenddessen hat sich die Verwaltung von Nord- und Ostsyrien sowohl an die USA als auch an Russland gewandt. Sie macht die beiden Länder für die Eskalation mitverantwortlich.

Dass eine Invasion abgelehnt werde, sei zwar positiv, aber die immer wiederkehrenden Angriffe auf Nord- und Ostsyrien würden Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen aufkommen lassen. Russland und die USA müssten eine eindeutige Haltung zeigen, so die Verwaltung des Gebiets.

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