Wissenschaftliche Politikberatung: Zukunfts­labor für Olaf Scholz

In einer Studie machen Forscher Vorschläge, wie die „strategische Vorausschau“ in der Politik verbessert werden kann. Ihr Rat: ein Zukunftslabor.

Das Bundeskabinett sitzt an einen Ovalentisch im Kanzleramt

Das Zukunftslabor soll auch Beiträge für Sitzungen des Kabinetts liefern Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz | Das Bundeskanzleramt soll ein „Zukunftslabor“ bekommen, das die Regierungsarbeit mit mehr „strategischer Vorausschau“ anreichert. Diesen Vorschlag macht eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe im Auftrag der Bundesregierung, allerdings der vorherigen, des letzten Kabinetts Merkel. Ob Nachfolger Olaf Scholz den Ratschlag der Wissenschaft aufgreift, ist noch nicht entschieden.

Zentrale Aussage der Fraunhofer-Untersuchung ist: Die handelnde Politik – zumeist getrieben von tagesaktuellen Krisen – hat deswegen die langfristigen Entwicklungslinien so wenig im Blick, weil es im Regierungsapparat an „Übersetzungs-Institutionen“ fehlt, die wissenschaftliche Warnungen in entscheidungsreife Kabinettsvorlagen umformulieren können. Die Potenziale zur wirksamen Zukunftsgestaltung blieben deshalb „ungenutzt, weil Kapazitäten und Kompetenzen, Reflexionsräume und Mechanismen zum Einspeisen der Ergebnisse in das Regierungshandeln fehlen“, heißt es in der Studie, an der auch die Uni Kassel beteiligt war.

Zur Behebung dieses Defizits werden drei Optionen vorgeschlagen. Die weitestgehende ist das „Zukunftslabor der Bundesregierung“, das mit 20 bis 40 Experten, abgeordnet aus den Ministerien, in der Macht­zen­tra­le des Kanzleramt angesiedelt ist. Sie bleiben aber nicht unter sich, sondern arbeiten mit „Fellows“ zusammen, „die aus Wissenschaft und Praxis rekrutiert werden“.

Das Zukunftslabor soll dann Beiträge für Sitzungen und Klausuren des Kabinetts liefern und die Ressorts mit Methodenberatung unterstützen. Die Einheit werde „kooperativ gesteuert, ist aber in seiner Arbeit unabhängig“, so die Vorstellung der Karlsruher Innovationsforscher. Auf diese Weise, so das Ziel der „strategischen Vorausschau“ (SV), könne der Weg bereitet werden „für eine vorsorgende, innovative und transformative Politik, die schwelende Themen und Krisen frühzeitig erkennt und proaktiv aufgreift und auch komplexe Querschnittsherausforderungen kompetent adressiert“, formuliert es die Studie.

Sehr lehrreich sind die Erfahrungen aus anderen Na­tio­nen, wo das SV-Instrument bereits zum Einsatz kommt: von Kanada über Finnland, Großbritannien und Spanien bis nach Singapur. Eine zentrale Erkenntnis in Kanada war, dass die Zukunftsthemen „in die Köpfe der Regierungsbeamten gelangen“ müssen.

In Finnland wird dies unter anderem durch den „Ausschuss für Zukunftsfragen“ im Parlament geleistet. Die Abgeordneten gingen sehr gerne in dieses Gremium, und viele von ihnen sähen „das Committee for the Future als den besten Teil ihrer Arbeit an“. Gelangen sie in Regierungsfunktionen, nehmen sie dieses Wissen mit. Vier finnische Premierminister waren zuvor im diesem Ausschuss tätig.

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