US-Außenminister in Afrika: Blinken will schlichten

US-Außenminister Blinken besucht die Demokratische Republik Kongo und Ruanda. Zwischen den Ländern kriselt es, ethnische Konflikte spitzen sich zu.

Antony Blinken spricht mit dem Basketball-Spieler Dikembe Mutombo bei seinem Besuch im Kongo

Freundliche Miene auf schwieriger Mission: US-Außenminister Blinken in Kongos Hauptstadt Kinshasa Foto: Andrew Harnik/reuters

KAMPALA taz | US-Außenminister Antony Blinken tourt derzeit durch Afrika. Dabei sind sowohl seine Stationen als auch der Zeitpunkt strategisch gut gewählt. Am Montag besuchte er zum Auftakt Südafrika. In seiner Rede vor Studenten der Universität in Pretoria betonte er, „Afrika wird die Zukunft gestalten, nicht nur die Zukunft der Afrikaner, sondern der ganzen Welt“.

An Afrikas Präsidenten richtete er eine Botschaft: „Die Vereinigten Staaten werden Afrikas Entscheidungen nicht diktieren, und das sollte auch niemand sonst tun“, so Blinken: „Das Recht, diese Entscheidungen zu treffen, gehört den Afrikanern, und nur den Afrikanern.“

Ende Juli hatte Russlands Außenminister Sergei Lawrow seine Afrika-Tour absolviert und an Afrikas Präsidenten appelliert, dem Druck des Westens zu widerstehen, der Sanktionen gegen Russland fordere.

Zahlreiche Staaten, die wirtschaftlich oder auch militärisch von Russland abhängig sind, etwa Südafrika, hatten sich im Februar bei einer Abstimmung über Sanktionen gegen Russland in der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) enthalten.

Blinken besucht den Krisenherd im Herzen des Kontinents

Von Südafrika aus reiste Blinken am Dienstag in die Demokratische Republik Kongo (DRK). Dort traf er in Kinshasa den Präsidenten Felix Tshisekedi. „Die Demokratische Republik Kongo ist ein wichtiger Partner bei der Förderung von Sicherheit und Stabilität, der Förderung von Demokratie und Achtung der Menschenrechte, der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Bekämpfung der Klimakrise“, betonte Blinken anschließend auf der Online-Plattform Twitter. Danach reiste er weiter ins kleine Nachbarland Ruanda.

Dass sich der US-Chefdiplomat ausgerechnet diese Krisenregion im Herzen des Kontinents ausgesucht hat, ist kein Zufall – im Gegenteil. Denn zwischen Ruanda und der DRK kriselt es. Analysten fürchten einen weiteren, brutalen Krieg im Ostkongo, der die Stabilität der ganzen Region erneut gefährden könnte, wie bereits bei den Kongo-Kriegen zuvor.

Ein interner UN-Bericht liefert Beweise für die Unterstützung der M23 durch Ruanda

Im Ostkongo ist die Gewaltspirale schon seit Längerem im vollen Gange. In den vergangenen Wochen kam es in zahlreichen Städten zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Blauhelme der UN-Friedensmission Monusco, die seit über 20 Jahren im Land stationiert ist. 36 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter vier Blauhelme.

Kongos Regierung hat außerdem den UN-Pressesprecher aus dem Land geworfen, nachdem Blauhelme an einer Grenzstation zu Uganda auf demonstrierende Kongolesen geschossen und dabei zwei Menschen getötet hatten. Zuvor hatte Kongos Regierung den UN beim Kampf gegen die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) Versagen vorgeworfen.

Gegenseitige Vorwürfe

Die M23 hatten im Frühjahr erneut ein strategisch wichtiges Gebiet im Dreiländereck zwischen Ostkongo, Ruanda und Uganda eingenommen. Bis heute besetzen sie die für den Handel wichtige Grenzstadt Bunagana. Die M23 besteht aus Angehörigen der Tutsi-Volksgruppe. Kongos Regierung wirft seit Beginn des M23-Feldzuges seinem Nachbarland Ruanda vor, die Gruppe mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Ruanda streitet das vehement ab und wirft umgekehrt der Armee des Kongo vor, mit der Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu kooperieren.

Die FDLR ist eine der brutalsten Rebellenorganisationen im Ostkongo. In ihrer Führung tummeln sich ehemalige Täter des Völkermordes in Ruanda 1994 an der dortigen Tutsi-Minderheit. Sie waren nach der Machtergreifung der Tutsi-Guerillas unter dem heutigen Präsidenten Paul Kagame in den Ostkongo geflohen und hatten dort die FDLR gegründet, um Ruanda zurückzuerobern. Ihre Verbindungen zu Kongos Armeegenerälen ist kein Geheimnis.

Just als Blinken kongolesischen Boden betrat, wurde der taz ein interner UN-Ermittlungsbericht zugespielt. Er liefert konkrete Beweise für die ruandische Unterstützung der M23. Mit bis zu 1.000 Mann, so heißt es darin, hätte Ruandas Armee der M23 geholfen, vor allem bei den wichtigen Schlachten um das größte Militärlager der kongolesischen Armee in Rumangabo, inmitten des Virunga-Nationalparks. Bis zu 50 kongolesische Soldaten, darunter mehrere Offiziere, waren dort von der M23 getötet worden – eine blutige Niederlage für die Armee. Der Bericht bestätigt außerdem, dass Ruandas Armee den Rebellen Mittelstreckenraketen und weitere Ausrüstung geliefert hatte. Umgekehrt liefert der UN-Bericht jedoch auch Beweise, dass die FDLR Mitglied jener Koalition von Milizen ist, die derzeit Kongos Armee im Kampf gegen die M23 unterstützen.

Blinken versucht nun, den komplexen Konflikt zu schlichten. Kongos Präsident Tshisekedi bat Blinken um Hilfe gegen eine „Invasion“ Ruandas. Blinken betonte in Kinshasa, er sei „sehr besorgt“ über die Ergebnisse des UN-Berichts und werde diese beim Treffen mit Ruandas Präsident Kagame am Mittwoch ansprechen.

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