Volksentscheid in Berlin: Den Versuch ist es wert

Für einen erfolgreichen Volksentscheid Grundeinkommen fehlen noch Unterschriften. Nun soll eine Bezahlung den Samm­le­r*in­nen einen Anreiz bieten.

Graffiti an einer Wand. Dort steht: Berlin will Grundeinkommen

Die Resonanz ist groß, doch es fehlt an Samm­le­r*in­nen Foto: Milan Schuld

Julez Lohmann steht im Treptower Park und holt ihre rosa Weste mit der Aufschrift „Volksentscheid Grundeinkommen“ aus der Tasche. Dann nimmt sie ihr Klemmbrett und Stifte in die Hand. Zusammen mit Hannah Marlene Göschel, die die Initiative „aus Überzeugung“ unterstützt, wollen sie die Wiesen im Park nach „Unterschriftswilligen abgrasen“.

Lohmann bekommt Geld fürs Sammeln: Seit Anfang August bezahlt die Initiative Volksentscheid Grundeinkommen ihre Sammler*innen. In der Pressemitteilung heißt es dazu: Viele wollen sich für das bedingungslose Grundeinkommen engagieren, haben dazu aber einfach nicht die Möglichkeiten – gerade dann, wenn sie in prekären Verhältnissen arbeiten.

Deswegen gebe es nun eine Bezahlung. Das entspreche dem sozialen Gleichheitsgedanken des Volksentscheids. Faire Entlohnung für Arbeit, das kann Hürden abbauen, klar. Umsonst zu arbeiten setzt schließlich voraus, einen finanziellen Puffer zu haben.

Allerdings muss man dazu sagen, dass diese Aktion aus der Not geboren wurde. Der Volksentscheid Grundeinkommen liegt deutlich hinter dem selbst gesteckten Zeitplan, um 175.000 gültige Unterschriften zu sammeln. Daher werden händeringend Helfende gesucht, um das Ziel bis zum 5. September zu erreichen. Als Anreiz zum Mitmachen gibt es nun 42 Euro für eine Sammelaktion von zwei bis vier Stunden.

Machbarkeitsstudie für Grundeinkommen

Eine junge Frau findet die Initiative „sehr sinnvoll“ und unterschreibt. Als Krankenschwester sei ihr Verdienst bei hohem Arbeitsaufwand gering. Mit dem Grundeinkommen würde sie weniger arbeiten und sich so entlasten.

Ein erfolgreicher Volksentscheid soll zu einer wissenschaftlich begleiteten Machbarkeitsstudie des bedingungslosen Grundeinkommens führen. Hierfür sollen etwa 3.500 Menschen über drei Jahre hinweg monatlich 1.200 Euro erhalten. Parallel soll es eine Vergleichsgruppe geben, die kein Grundeinkommen erhält.

Can Türk, der es sich auf einer Wiese im Park gemütlich gemacht hat, ist skeptisch. „Es ist fraglich, ob wir in einer Demokratie leben, wenn so ein Entscheid dann nicht durchgesetzt wird – wie bei Deutsche Wohnen & Co enteignen“, sagt er. Schließlich unterschreibt aber auch er.

Verringerung sozialer Ungleichheit

Ob das Grundeinkommen tatsächlich zu einer Verringerung sozialer Ungleichheit führen kann, wird kontrovers diskutiert. Das Bundesfinanzministerium hält die „Stärkung der gesellschaftlichen Solidarität“ sogar für fraglich.

Ein größerer Feldversuch ist allerdings der beste Weg, herauszufinden, ob und wie das bedingungslose Grundeinkommen eine gute Idee für alle 80 Millionen ist. Dieser Versuch ist eine Unterschrift wert.

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