Ex-Weggefährte des ukrainischen Präsidenten: Staatsbürgerschaft „beendet“

Hennadij Korban darf nicht mehr in die Ukraine einreisen. Auslöser soll ein Geheimerlass Selenskis sein, der doppelte Staatsbürgerschaften ausschließt.

Präsident Selenski in einer Frontalansicht bei einer Videoansprache

Selenski bei einer Videoansprache Anfang Juli Foto: Ukrainian Presidential Press Off/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

KIEW taz | Erneut wird ein wichtiger Mann aus dem Umfeld früherer Weggefährten von Präsident Wolodomir Selenski ausgebremst. Dieses Mal trifft es Hennadij Korban, Chef der Territorialverteidigung der ostukrainischen Millionenstadt Dnipro. Er ist ein Vertrauter des Oligarchen Ihor Kolomojskyj und des Bürgermeisters von Dnipro, Boris Filatow. Die Territorialverteidigung untersteht dem ukrainischen Generalstab und besteht aus Reservisten und Freiwilligen.

Wirklich verwundert dürfte Korban nicht gewesen sein, als er am Freitag mit seinem Mercedes und in Begleitung seiner Anwälte von Polen in seine ukrainische Heimat einreisen wollte und ihn ein Grenzbeamter daran hinderte. Der Grund: Der Präsident hätte seine Staatsbürgerschaft „beendet“.

Zuvor machte das Gerücht die Runde, dass Präsident Selenski einen Geheimerlass herausgegeben hätte. Personen, die neben der ukrainischen Staatsbürgerschaft eine weitere besäßen, würden diese für beendet erklärt bekommen. Am 21. Juli hatte der Abgeordnete Serhiy Vlasenko auf Facebook eine angebliche Kopie solch eines Präsidentenerlasses veröffentlicht, mit dem Hennadij Korban die ukrainische Staatsbürgerschaft „beendet“ wurde.

Auf diesem Papier, das den Briefkopf des Präsidenten, nicht jedoch seine Unterschrift trägt, wird auch die ukrainische Staatsbürgerschaft weiterer Personen für „beendet“ erklärt. Darunter soll auch der Oligarch und langjährige Förderer von Selenski, Ihor Kolomoiskyj, sein.

Mehrere Spitzenbeamte wurden entlassen

Als „sehr schweren Fehler“ kritisierte auf Facebook Boris Filatow, Bürgermeister von Dnipro, die Beendigung der Staatsbürgerschaft seines Mitstreiters Korban. Die Angelegenheit könne zum Präzedenzfall für viele andere im Ausland tätigen Bürger werden.

„Was ist mit den ukrainischen Staatsbürgern, die durch den Krieg vertrieben wurden und die Staatsbürgerschaft der Länder erhalten, die sie aufgenommen haben? Dürfen sie dann auch nicht mehr nach Hause?“ fragt er. Auch der rechtliche Status hunderttausender Ukrainer, Ungarn oder Rumänen, die einen EU-Pass besitzen, sei unklar.

Das „Beenden“ der Staatsbürgerschaft stehe in einer Reihe mit Entlassungen von Spitzenbeamten, schreibt das in der Ukraine blockierte Portal strana.news. So wolle die Präsidialadministration im Sinne einer vorgeblichen „Konsolidierung des Staates im Krieg“ ihre Macht weiter festigen. Nach Angaben des Portals ukranews.com, das sich auf eine Quelle bei den Behörden beruft, besitzt Hennadij Korban auch die israelische Staatsbürgerschaft.

„Jetzt werde es wohl eng werden für Ihor Kolomoiskyj, der die Staatsbürgerschaften von Zypern und Israel besitzt“, kommentiert der Investmentbanker Serhyj Fursa auf der Website gazeta.ua die „Beendigung“ dessen Staatsbürgerschaft. Uncle Sam, also die USA, würde schon auf ihn warten.

Ohne Staatsbürgerschaft darf Kolomoiskyj ausreisen

Laut der Plattform ermittle das FBI gegen den Oligarchen Kolomoiskyj wegen Korruption. Die USA hätten ihn mit Sanktionen belegt, ein Auslieferungsgesuch sei nun nicht mehr auszuschließen. „Die ukrainische Staatsbürgerschaft schützt ihn auch nicht mehr“, schreibt Fursa.

Demgegenüber sieht das Business Information Network bin.ua auch Vorteile, die der 59-jährige Oligarch nun ohne die ukrainische Staatsbürgerschaft habe. Denn nun gelte für ihn das Gesetz nicht mehr, das männlichen ukrainischen Staatsbürgern unter 60 Jahren eine Ausreise verbietet.

Außerdem habe ein Geschäftsmann des EU-Staates Zypern gute Chancen, Großaufträge beim Wiederaufbau der Ukraine zu erhalten. Schließlich würde die Ukraine europäischen Investoren sehr gute Bedingungen bieten.

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