Aus Moscow Mule wird Kiew Mule: Wodka ist alternativlos

Eine Berliner Bar hat Moscow Mule in Kiew Mule umbenannt. Wodka ist trotzdem drin. Gut so, denn für Wodka in Mixgetränken gibt es keinen Ersatz.

Ein Mann serviert Wodka in Schnapsgläser

Manche meinen, es müsse ja nicht unbedingt russischer Wodka sein Foto: Imago

Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt hat eine Bar in Berlin ihren Moscow Mule in Kiew Mule umbenannt. Nun klingt Kiew Mule nicht so geschmeidig wie die Alliteration Moscow Mule, aber der neue Name ist schlicht politisch geboten. Auch wenn die Zutaten dieselben geblieben sind: Wodka, Ginger Beer, ein Spritzer Limettensaft, Gurkenscheibe. Und Eis natürlich. Ohne Eis erreicht so ein Kiew Mule nicht die richtige Temperatur.

Einfach und schnell gemacht. Aber ist der Drink noch politisch korrekt? Sollte man den Wodka, der aus Russland stammt, nicht ersetzen durch, sagen wir, Rum oder Whisky? Das zumindest empfiehlt das schwarmintelligente Internet, wenn man dort nach „Alternativen zu Wodka“ sucht. Doch ganz so schlau, wie es tut, ist das Internet auch nicht immer. Es gibt keinen echten Ersatz für echten Wodka, jedenfalls nicht für Drinks. Im Gegensatz zu Rum, Gin und Whisky verhält sich Wodka geschmacklich neutral und drängelt sich in Mixgetränken nicht in den Vordergrund.

Und so kommt es, dass in meinem Kühlschrank eine halbe Flasche Smirnoff Wodka Langeweile schiebt. Das wird sie vermutlich noch eine ganze Weile tun. Ich bringe es nicht übers Herz, den Rest der Flasche in den Ausguss zu kippen. Hau weg den Scheiß für Putin klingt zwar nach der richtigen Aktion. Aber was kann schon das russischste aller russischen Getränke für einen der fiesesten aller fiesen Männer?

Wodka wärmt auf flauschige Weise

Zumal es bald nicht mehr so viel dieses samtweichen Getränks – pur und eisgekühlt rinnt er wie Öl die Kehle runter und wärmt, erst einmal im Magen angekommen, den gesamten Körper auf sehr flauschige Weise – geben dürfte. Die Smirnoff-Produktion liegt schon lange nicht mehr in russischer Hand, sondern in britischer. Der Londoner Alkoholproduzent Diageo, der nach Grabenkämpfen mit einem Smirnoff-Erben die Marke für sich gewinnen konnte, hat sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im März aus Moskau zurückgezogen. Das dürfte den trinkfreudigen Russen nicht gefallen, möglicherweise aber auch nicht weiter stören. In der Privatproduktion von Wodka sind die Russen Meister. Das weiß ich aus meiner eigenen Russland-Zeit Mitte der 80er Jahre.

Schlaue Leute sagen, es muss ja nicht unbedingt russischer Wodka sein, wenn man das Zeug trotz allem trinken will, nicht Smirnoff, nicht Moskovskaja, nicht Beluga. Stimmt. Es gibt polnischen, finnischen, schwedischen, französischen, deutschen Wodka. Aber mal ehrlich, Leute, das sind nur Wodka-Imitate. Der echte Wodka ist echt russisch. Boris Smirnow, der Ururenkel des Firmengründers Peter Smirnow, mit dem sich das Unternehmen Diageo um die Marke geprügelt hat, sagte mal: Um echten russischen Wodka zu machen, brauche es eine russische Seele.

Das mit der russischen Seele ist zwar Blödsinn, auch das sagt mir meine Russland-Erfahrung. Aber was den Wodka angeht, hat Smirnow recht. Und Mule ohne Wodka ist kein Mule, ob er nun Moscow oder Kiew heißt.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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