Waldbrände in Ostdeutschland: Glutnester in Brandenburg

Fast 400 Waldbrände wüten derzeit allein in Brandenburg. Beim Kampf gegen das Feuer fehlt es an Personal, Strategie und Ausrüstung.

Acht Windräder stehen in einem Wald. Weißer Rauch steigt zwischen den Bäumen auf

Falkenberg in Brandenburg. Die Rauchschwaden eines Waldbrandes wehen an Windkraftanlagen vorbei Foto: Foto: Jan Woitas/dpa

BERLIN taz | Es gibt keine Region in Deutschland, die so sehr durch Waldbrände gefährdet ist wie Brandenburg. Die Kiefernwälder, der wenige Regen, die Sandböden – das alles trägt dazu bei, dass es immer wieder brennt. Der Landesbetrieb Forst Brandenburg geht davon aus, dass ein Drittel aller Waldbrände in ganz Deutschland genau hier stattfinden.

Der Mensch ist Ursache Nummer eins: Die achtlos weggeworfene Zigarettenkippe, die ein Feuer entfacht, ist das beste Beispiel dafür. Jetzt kamen die heißen Temperaturen von 37 bis 38 Grad und die Dürre dazu. Und der Wind, der die Flammen immer weiter antrieb. Der Landesforst Brandenburg zählte am Freitag 397 kleinere und größere Waldbrände in seinem Gebiet.

Vor allem den Süden hat es derzeit erwischt: Bergholz-Rehbrücke, Falkenberg, Rehfeld. Im Landkreis Elbe-Elster war am Montag ein Brand ausgebrochen, der sich rasend schnell auf etwa 800 Hektar ausbreitete. Eine Großschadenslage wurde ausgerufen, damit auch Einsatzkräfte außerhalb des Landkreises angefordert werden konnten.

Laut einer Mitteilung des Landkreises war und ist die Lage mit eigenen Kräften allein nicht zu bewältigen. Als besonders gefährlich schätzen Behörden und Feuerwehrleute sogenannte Glutnester ein. Solange sie noch glimmen, ist der Brand längst nicht bekämpft – und sie können jederzeit in offenes Feuer umschlagen.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Panzer und Wasserwerfer

Der Kampf gegen die Flammen ist langwierig und mühsam in dem oft unwegsamen Gelände rund um Kölsa, Rehfeld und die Bundesstraße 183. Rund 250 Einsatzkräfte sind vor Ort. Auch die Bundeswehr wurde frühzeitig angefragt. Sechs Hubschrauber sind laut Kreissprecher im Einsatz. Sie erkunden die Lage und unterstützen beim Löschen, vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein. 5.000 Liter passen in die Wassertanks pro Flugeinsatz. Das Wasser kommt aus dem Kiebitzsee bei Falkenberg – und so pendeln die Transporthubschrauber zwischen Brandherd und See hin und her.

Die Polizei hat Wasserwerfer zur Verfügung gestellt, die Bundeswehr dazu noch Tanklöschfahrzeuge und Löschpanzer für die Gebiete, in denen Reste von Kampfmitteln vermutet werden. Zwei Pionierpanzer sind dort, um Schneisen und Wege zu schlagen, damit die Feuerwehrleute auch an die Brandstellen gelangen. Um zu verhindern, dass sich das Feuer entlang der B 183 weiter ausbreitet und womöglich auf die andere Straßenseite überschlägt, hat eine Spezialfirma am Freitag damit begonnen, gezielt und kontrolliert Wald entlang der Bundesstraße abzubrennen.

Bereits jetzt ist klar, dass der Schaden in die Milliarden geht. Ein herber Schlag für die klammen Kommunen Brandenburgs. Kurzfristige Hilfen wurden von Bund und Land zugesagt. Doch das Ausmaß der Brände zeigt, dass die Region für solche Großeinsätze nicht gewappnet ist.

Forst­wis­sen­schaft­le­r:in­nen und Wald­brand­ex­per­t:in­nen fordern nun neue Ansätze, um Feuer in dieser Dimension richtig bekämpfen zu können. In Spanien, Portugal oder Griechenland habe man Erfahrung mit solchen Großfeuern. Aber in Deutschland hinke man hinterher. Es fehlt an Ausbildung der Feuerwehrkräfte, an Personal, an Strategien. Aber auch an Ausrüstung.

Brandbekämpfung ist Ehrenamt

Der Brand- und Katastrophenschutz wird vor allem im Ehrenamt gestemmt. Laut dem brandenburgischen Innenministerium sind rund 38.000 Personen bei den freiwilligen Feuerwehren engagiert. Die Ausbildung ist langwierig, muss neben Job und Familie absolviert werden. Insbesondere in kleineren Ortschaften und Dörfern kämpfen die alteingesessenen und oft überalterten freiwilligen Feuerwehren um Nachwuchs. Hinzu kommt: Der Ruf, politisch eher rechtskonservativ ausgerichtet zu sein, vertreibt jüngere Dorf­be­woh­ne­r:in­nen mehr, als sie für den Einsatz zu begeistern.

Bereits im Juni plädierte die Linke im Landtag für einen Feuerwehrgipfel. Ver­tre­te­r:in­nen aus den Ministerien, aus den Kommunen und von den Rettungskräften sollten dort zusammenkommen. Eine Forderung: Entlastung der freiwilligen Feuerwehren über hauptamtliche Kräfte in besonders betroffenen Gebieten. Viel getan hat sich bisher nicht.

Am Freitag ging der Landkreis Elbe-Elster noch von einer Brandfläche von rund 600 Hektar aus. Entspannung an der Wetterfront ist nicht in Sicht. Die nächste Hitzewelle wird bereits in der kommenden Woche erwartet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.