Union in der Atomkraftdebatte: Energiepolitische Irrfahrten

Ausgerechnet die Unionspolitiker Söder und Kretschmer inszenieren sich als Hüter der Energiesicherheit. Beide stellten sich oft gegen die Windkraft.

Michael Kretschmer gestikuliert.

„Energiewende in ursprünglicher Planung ist gescheitert“: Atomkraft-Fan Michael Kretschmer

Die alten Schützengräben sind wieder ausgehoben. Der energiepolitische Streit folgt den Konfliktlinien der ewigen Atomdebatte. Zurück in die 80er-Jahre. Union, FDP und Teile der Wirtschaft nutzen die aktuelle Krise zur Wiederbelebung der Atomenergie und um ohnehin bestehende Versorgungsängste in der Bevölkerung weiter zu schüren.

Im täglichen Streit um die Energiepolitik meldeten sich zuletzt verstärkt die Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und Michael Kretschmer (CDU) zu Wort. Nassforsch und selbstgerecht wie eh und je. Beide inszenieren sich als Hüter der Energiesicherheit; sie warnen fast genüsslich vor einem „eiskalten Winter“ (Söder) und der „Bedrohung“ unserer Wirtschaft (Kretschmer).

Kretschmer hat nun das komplette Scheitern der Energiewende verkündet. Der Politiker, der in seinem eigenen Beritt wie kein anderer die Energiewende nach Kräften blockiert, kritisiert nun ihren Schiffbruch. Sein Bundesland Sachsen bildet unter allen Flächenländern das Schlusslicht bei der Windenergie, hat zuletzt mehr Anlagen stillgelegt als zugebaut. Kretschmer war auch derjenige Politiker, der immer wieder für eine längere Kohleverstromung gekämpft und beim Kohleausstieg gebremst hat.

Jetzt sagt er, ein Wiederanfahren von Kohlekraftwerken sei wegen des Klimas „Wahnsinn“. Stattdessen will er die letzten Atommeiler auf unbestimmte Zeit laufen lassen. Das sind populistisch getriebene, energiepolitische Irrfahrten ohne Substanz. Auch Söder spielt mit den Ängsten und kaschiert eigenes Versagen. Dabei hat Bayern den Ausbau der Windkraft ebenso jahrelang mit harschen Abstandsregeln zum Erliegen gebracht.

Die selbsternannte Führungsrolle Bayerns beim Ausbau erneuerbarer Energien ist ein einziger Bluff. Dabei wird die Wasserkraft mitgerechnet, bei der das bergige Land naturgemäß Vorteile hat. Dass Söder zugleich das so wichtige Energiesparen ins Lächerliche zieht, entlarvt auch ihn als Politiker, der selbst in dieser ernsten Krise partei- und machtpolitische Spielchen zu Lasten des Gemeinwohls spielt.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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