Drohnenangriff der USA in Afghanistan: Ohne Prozess

Die Exekution des Al-Qaida-Chefs ist nach europäischer Auffassung staatlicher Mord. Für die USA gilt der Drohnenangriff hingegen als Kriegseinsatz.

Aiman al-Sawahiri in einem Fernsehbild.

Ohne Gerichtsurteil getötet: Aiman al-Sawahiri in einem Fernsehbild von 2006

Die USA haben Aiman al-Sawahiri, den aktuellen Anführer des Terrornetzwerks Al-Qaida, mit zwei Raketen getötet, die von einer Drohne abgefeuert wurden. Die USA vollstreckte damit eine Art Todesstrafe ohne Gerichtsverhandlung – als Vergeltung für die Al-Qaida-Anschläge auf New York und Washington von 2001. Es war ein staatlicher Mord.

Diese Aussage ist weder abwegig noch ungewöhnlich. Sie entspricht der herrschenden Auffassung der europäischen Völkerrechtslehre, die den Kampf gegen den Terror klar als polizeiliche Aufgabe der Kriminalitätsverfolgung definiert und nicht als erlaubte staatliche Kriegsführung.

Hier klaffen die Auffassungen in Europa und den USA seit rund zwanzig Jahren weit auseinander. Die US-Regierungen führen den war on terror so, als sei es ein Krieg gegen einen staatlichen Angreifer. Für sie ist der Al-Qaida-Chef ein Kombattant, also ein Kriegsteilnehmer und damit ein völkerrechtlich zulässiges militärisches Ziel.

Nun kann sich die Bundesregierung nicht einfach zurücklehnen und auf einen interkontinentalen Streit unter Rechtswissenschaftlern verweisen, der sie nichts angehe. Denn viele US-Drohnen-Angriffe nutzen Einrichtungen auf der US-Airbase in Ramstein als Verbindungsstation für die Drohnensteuerung. Eine solche Relaisstation ist wegen der Erdkrümmung notwendig. Vermutlich war Ramstein auch beim Angriff auf ­al-Sawahiri involviert. Und natürlich ist die Bundesregierung dafür verantwortlich, was auf deutschem Boden geschieht.

Schon lange gibt es daher Forderungen aus der Friedensbewegung, Deutschland solle den USA die Nutzung der Air Base verbieten, zumindest für rechtswidrige Drohnenangriffe. Angesichts der Weltlage wird die Bundesregierung einen derartigen Affront gegen die USA natürlich weiter vermeiden. Dennoch wäre schon etwas gewonnen, wenn die Regierung wenigstens etwas Problembewusstsein zeigen würde.

Peinliches Negativbeispiel war 2011 Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Ausspruch: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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