Abgabe für Krisenprofiteure: Koalitionskrach um Übergewinnsteuer

SPD und Grüne legen im Streit über eine Sondersteuer für Krisengewinnler nach. Die FDP bleibt weiterhin strikt dagegen.

SPD-Vorsitzende Saskia Esken bei einer Pressekonferenz.

SPD-Vorsitzende Saskia Esken Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

BERLIN afp/rtr | In der Debatte über eine Steuer auf krisenbedingte Gewinne von Unternehmen ist in der Ampelkoalition kein Kompromiss in Sicht. SPD-Chefin Saskia Esken regte an, mit den Einnahmen aus einer Übergewinnsteuer weitere Entlastungen für Bür­ge­r:in­nen zu finanzieren. Die Grünen kündigten ein Konzept für eine „Ergänzungsabgabe“ für Unternehmen an. Die FDP allerdings blieb bei ihrem Nein.

Esken sagte, die Gegenfinanzierung weiterer Entlastungen der Ver­brau­che­r:in­nen „kann auch durch eine Übergewinnsteuer für Unternehmen erfolgen, die ohne eigene zusätzliche Leistung von der Krise profitieren“. Sie verwies auf Erfahrungen in anderen Ländern: „Viele europäische Partner haben es uns vorgemacht und eine Übergewinnsteuer erfolgreich eingeführt.“

In Großbritannien etwa müssen Öl- und Gaskonzerne wie BP und Shell vorübergehend auf ihre Zusatzgewinne 25 Prozent Steuern zahlen. Damit sollen Teile eines Entlastungspakets für inflationsgeplagte britische Haushalte finanziert werden. Spanien, Italien und Ungarn haben ähnliche Abgaben angekündigt.

Esken sagte, viele große Stromkonzerne verdienten derzeit überdurchschnittlich, „weil sie ihren Strommix zum aktuell höchsten Marktpreis verkaufen können, auch wenn ihr Kostenmix diese Preise gar nicht rechtfertigt“. Die SPD-Chefin fordert seit Längerem eine Übergewinnsteuer, auch bei den Grünen gibt es Unterstützung für die Idee, etwa von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Grüne arbeiten an Modell

Die Grünen-Fraktion brachte eine Abgabe ähnlich dem Solidaritätszuschlag ins Spiel. „Am geeignetsten wäre technisch gesehen wahrscheinlich eine Ergänzungsabgabe in der Körperschaftssteuer“, sagte Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, der Welt. Die Fraktion arbeite an einem solchen Modell und nehme dabei auch Bezug auf Lösungen in anderen Ländern. „Orientieren können wir uns in manchen Aspekten am italienischen Modell“, sagte Beck. Sie sprach von einer „befristeten Abgabe“.

Die FDP bekräftigte ihre Ablehnung einer Übergewinnsteuer. „Es ist an der Zeit, die Debatte um die Übergewinnsteuer ein für alle Mal zu begraben“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Rheinischen Post vom Dienstag. „Wir sollten uns jetzt vielmehr darauf konzentrieren, die Menschen nachhaltig zu entlasten und unsere Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.“ Eine Übergewinnsteuer „würde willkürlichen Besteuerungsmaßnahmen des Staates Tür und Tor öffnen“, warnte Djir-Sarai.

Italienische Konzerne verweigern Zahlung

Viele italienische Energieunternehmen haben die erste, bis Ende Juni fällige Zahlung der Übergewinnsteuer offenbar verweigert. Der Regierung fehlen damit Einnahmen von mehr als 9 Milliarden Euro, wie aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Dokument des Finanzministeriums in Rom hervorgeht. Zwischen 10 und 11 Milliarden Euro sollten durch eine 25-prozentige Übergewinnsteuer auf Energiekonzerne eingenommen werden, die vom drastischen Anstieg der Öl- und Gaspreise profitiert haben.

Der staatlich kontrollierte Energiekonzern ENI gab bekannt, er habe die erste Rate gezahlt. Italiens größter Energieversorger Enel erklärte, er habe 2,6 Milliarden Euro für die Zahlung der von den italienischen, spanischen und rumänischen Regierungen auferlegten Sondersteuern verbucht. Unternehmen, die die Zahlungsfrist Ende Juni verpasst haben, können die Abgabe in den kommenden Wochen oder Monaten nachzahlen. Allerdings werden dann Strafgebühren und Zinsen fällig.

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