Senat diskutiert Energieeinsparung: Berlin auch beim Gas Schlusslicht

Bundesweit wird nirgends weniger verbraucht. Wirtschaftssenator warnt: Beleuchtung bei Schaufenstern verbieten kann Arbeitsplätze gefährden.

Das Bild zeigt den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in abendlicher Beleuchtung.

Ob Weihnachtsmärkte auch in diesem Advent so leuchten werden, ist wegen der Energiekrise offen

BERLIN taz | Berlin kann sich ausnahmsweise mal freuen, den letzten Platz zu belegen: Das Land ist bundesweit Schlusslicht im Gasverbrauch. Das geht zumindest aus einer Statistik hervor, die Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) am Dienstag vor Journalisten präsentiert hat: „Wir sind das Bundesland mit dem geringsten Gasverbrauch in Deutschland.“ Heruntergerechnet pro Kopf der Einwohnerschaft ist der Verbrauch im Saarland als Spitzenreiter dreimal so hoch. Laut Schwarz ist das nicht allein dadurch zu erklären, dass die Statistik nicht nur Privathaushalte umfasst, sondern auch die in Berlin weniger ausgeprägte Industrieproduktion.

Mit Blick auf die angestrebte Energieeinsparung wegen gedrosselter oder ganz ausbleibender Gaslieferungen aus Russland hielt Schwarz darum wenig davon „zu sagen, alle müssen 20 Prozent einsparen“. Er mochte zwar nicht so verstanden werden, dass Berlin eine niedrigere Sparquote zugebilligt bekommen müsse – „wir sind in der Pflicht und werden alles dafür tun, unseren Beitrag zu leisten“. Er wolle aber darauf hinweisen, dass Berlin in Sachen energetischer Sanierung von Häusern und Umstellung von Produk­tionsprozessen schon weiter sei und weniger Einsparpotenzial habe als Länder, die im Gasverbrauch ganz oben stehen.

Laut Schwarz will die rot-grün-rote Landesregierung bei ihrer Sitzung in zwei Wochen konkrete Einsparwege beschließen. Dabei werde „nicht nur energiepolitisch, sondern auch wirtschaftlich und sozial entschieden“, kündigte er an. Das bezog Schwarz auch auf die Beleuchtung von Schaufenstern und Weihnachtsmärkte samt ihren Lichterketten. „Kein Unternehmer gibt aus Spaß an der Freude Geld für die Beleuchtung aus“, sagte Schwarz und deutete an, Verbote könnten hier Arbeitsplätze gefährden. „Wir sind jetzt nicht an einem Punkt, dass wir über Verbote für die Wirtschaft nachdenken – ich weiß, dass die Wirtschaft da schon aus Eigeninteresse viel tut.“

Berlin bei Energie-Triage nicht zuständig

Vorerst soll es darum gehen, in der öffentlichen Verwaltung und den landeseigenen Unternehmen beispielhaft voranzugehen. Die Möglichkeiten des Landes sind jedoch beschränkt: Die Mindesttemperatur am Arbeitsplatz etwa ist im Arbeitsschutz geregelt, für den das Bundesministerium zuständig ist.

Schwarz warb für eine ausgewogene Lösung mit Augenmaß, die nicht Energieeinsparung über alles und sämtliche anderen Aspekte hinten anstellt. Das sah in der Pressekonferenz auch Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) so. „Da gibt es kein ‚One size fits all‘“, sagte Lederer. Aus seiner Sicht wäre es beispielsweise unsinnig, in den Magazinen der Museen den Strom abzuschalten, der dort für die nötige gleich bleibende Temperatur sorgt: „Da würden Kunstschätze vernichtet.“

Mit Blick auf eine möglicherweise anstehende Energie-Triage – die Entscheidung, welche Wirtschaftsbereiche abgekoppelt werden und welche nicht – fühlte sich Schwarz an die Coronapandemie erinnert: „Wir werden die gleichen Diskussionen bekommen, wie wir sie bei der Frage hatten, wer systemrelevant ist.“ Dazu Lobbyarbeit beim Senat zu leisten nutzt laut Schwarz nichts, weil die Entscheidung auf Bundesebene fällt: „Da hat Berlin null Einfluss drauf.“

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