Österreich hebt Quarantänepflicht auf: Mit Covid und Maske ins Büro

In Österreich müssen Corona-Infizierte künftig nicht mehr in Quarantäne. Vor allem in SPÖ-regierten Bundesländern werden die Lockerungen kritisiert.

Zwei Männer mit Schutzmakske stehen in einem Arbeitsraum und sprechen mit ABstand

Mit Corona zur Arbeit: in Österreich mit Schutzmaske erlaubt Foto: imago premium

WIEN taz | Ab dem 1. August werden Corona-Infizierte in Österreich nicht mehr in Quarantäne geschickt. Wer positiv getestet ist und sich nicht krank fühlt, kann künftig das Haus verlassen, Lokale betreten und selbst am Arbeitsplatz erscheinen. Voraussetzung: das Tragen einer FF2-Maske.

Keinen Zutritt gibt es weiterhin zu Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen sowie Volksschulen, Kindergärten und Kitas. Ausgenommen das Personal. Begleitmaßnahmen sollen besonders vulnerable Gruppen, die sich nicht impfen lassen können, schützen. Außerdem wird die telefonische Krankschreibung reaktiviert.

Der Inhalt der entsprechenden Verordnung, an der Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) derzeit noch bastelt, war schon am Wochenende durchgesickert und hatte Empörung in der Politik und einen Shitstorm in den sozialen Medien ausgelöst. Die drei SPÖ-regierten Bundesländer, allen voran Wien, zeigten sich entrüstet, dass sie in den Entscheidungsprozess nicht eingebunden waren.

Die ÖVP-Landeshauptleute, von denen einige sich in den nächsten Monaten einer Landtagswahl stellen müssen, hatten auf Lockerungen des Corona­regimes gedrängt. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, im Zivilberuf Epidemiologin, sprach von einem „verantwortungslosen Vorgehen“. Die rein politisch motivierte Entscheidung sei „ohne Fakten und Evidenz“ getroffen worden. Sie hält „die Regierung für rücktrittsreif“.

Steigende Infektionszahlen

Besonders schmerzen muss Rauch die öffentliche Kritik der Vorarlberger SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger: „Je mehr Personen mit dem Virus infiziert werden, desto höher wird die Zahl von Menschen mit dieser Folgeerkrankung sein, die wiederum längere Krankenstände auslösen wird.“ Hier habe der Gesundheitsminister nicht mitgedacht. Es handelt sich pikanterweise um die Ehefrau das Gerügten. Tatsächlich steigt schon jetzt die Zahl der Covid-Kranken in Kliniken und auf Intensivstationen.

Rauch berief sich auf Expertenmeinungen und auf die psychische Belastung, der vor allem die Jugendlichen ausgesetzt seien: „Es gibt gesellschaftliche Kollateralschäden“. Es müsse angesichts der multiplen Belastungen, die auf die Bevölkerung zukämen, ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden, „wo wir in Ruhe und Ordnung einen Weg gehen, mit der Pandemie zu leben.“

Dass er dem Druck der Wirtschaftskammer nachgegeben hätte, stellte Rauch in einem ORF-Interview am Dienstag in Abrede: „Ich bin lange genug im Geschäft. Ich bin auf Druck nicht gepolt.“

Auf Lockerung vorbereitet

Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), sekundierte. Man sei auf die Lockerungen vorbereitet und könne damit umgehen, ohne jemanden zu gefährden. Der Handel sei nie der Infektionstreiber gewesen: „Gerade die Quarantäne für Symptomlose hat viele Betriebe an die Grenze gebracht.“

Auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner hält die Lockerung angesichts der Infektiosität und der damit eingeschränkten Wirksamkeit der Quarantäne für vertretbar. Wie der Komplexitätsforscher Peter Klimek verwies er auf internationale Vorbilder. Auch Frankreich will lockern. Dort soll der Gesundheitsnotstand, wie geplant, am 31. Juli enden. Dennoch sind die Franzosen aufgefordert, freiwillig in öffentlichen Verkehrsmitteln und Innenräumen Masken zu tragen.

Am Mittwoch präsentierte die Regierung einen Plan, in dem 64 Wissenschaftler vier Szenarien der Covid-Entwicklung vorgezeichnet haben. Das reicht vom Verschwinden des Virus bis zu neuen ansteckenderen Varianten, die eine neue Überlastung der Kliniken zur Folge hätte.

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