Fassade einer zerstörte Schule

Ausgebrannte Schule in Awdijiwka Foto: Volodymyr Kutsenko

Der russische Krieg gegen die Ukraine:Sieben gerettete Leben

Die Stadt Awdijiwka in der Ostukraine ist ständig unter Beschuss. Ein Freiwilliger riskiert jeden Tag sein Leben, um das anderer Menschen zu retten.

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27.7.2022, 12:13  Uhr

Es ist stockdunkel im Zimmer, nur das Licht des Laptop-Bildschirms fällt auf Oleksijs Gesicht. Im Haus gibt es, wie in dem ganzen Dorf Nowosjolka, seit einigen Tagen keinen Strom. Bei den Kämpfen wurde das Umspannwerk in dem Dorf im Donezker Gebiet, das 20 Kilometer von der Stadt Awdijiwka entfernt ist, zerstört. Noch ist es nicht gelungen, es wieder instand zu setzen.

Doch auch das schummrige Licht hält gij nicht davon ab, konzentriert zu arbeiten. Nicht nur, weil er bis morgen eine Übersetzung abliefern muss, sondern auch, weil Explosionen regelmäßig in die Stille der Nacht donnern. Manche irgendwo weit weg, manche ganz in der Nähe.

„Die Russen nehmen Awdijiwka von Donezk aus unter Beschuss und unsere Jungs antworten“, erklärt er ganz ruhig, ohne vom Bildschirm aufzublicken. Er will unbedingt noch vor Tagesanbruch fertig werden, denn nur nachts kann er seinem Job als Englischübersetzer nachgehen. Von morgens bis spät abends ist Oleksij als Freiwilliger unterwegs und versucht alles, um den Menschen im vom Krieg gebeutelten Awdijiwka zu helfen. Aus Sicherheitsgründen soll sein Nachname nicht veröffentlicht werden.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine geht bereits in den fünften Monat. Besonders heftig gekämpft wird nach wie vor im Donbass, wo bereits seit acht Jahren Krieg herrscht. Die russische Armee setzt alle ihr zur Verfügung stehenden Waffentypen ein, um die Gebiete Luhansk und Donezk vollständig zu erobern. Dabei bedient sich der Kreml der Taktik der verbrannten Erde. Das heißt: Mithilfe schwerer Artillerie werden Städte und Dörfer zerstört, bis nur noch Ruinen übrig sind. Dann übernehmen russische Truppen die Kontrolle. Diese Taktik war bereits bei der Einnahme von Mariupol, Sjewjerodonezk, Lyssy­tschansk und anderen Städten zu beobachten.

Doch ungeachtet dieser schwierigen Bedingungen geht das Leben der Menschen weiter. Aus unterschiedlichen Gründen lassen sie sich nicht aus ihren Heimatorten evakuieren. Sie haben kein Wasser, keinen Strom, kein Gas, keinen Mobilfunk und keinen Zugang zu Medikamenten. Das gilt auch für Awdijiwka. Von 20.000 Menschen, die hier vor dem Krieg gelebt haben, sind noch rund 2.000 übrig geblieben. Und es liegt auch an Leuten wie Oleksij, wie lange diese Menschen noch durchhalten können.

Oleksij stammt aus Awdijiwka, aber er musste die Stadt verlassen und sich in dem Nachbardorf Nowosjolka niederlassen. Sein Haus befindet sich in dem Teil der Stadt, der ständig angegriffen wird, dort sind besonders viele Gebäude zerstört. Das Haus, in dem er jetzt wohnt, gehört Bekannten von ihm. Diese halten sich derzeit in Norwegen auf.

Ein Mann mit Schutzhelm sitzt am Steuerrad eines Autos

Oleksij unterwegs im Auto, der Tacho zeight auch mal 120 km/h Foto: Volodymyr Kutsenko

Der Vater der Familie arbeitete in der Kokerei Awdijiwka, der größten derartigen Anlage in Europa. Als er Anfang Mai nach der Arbeit nach Hause fahren wollte, begann der Beschuss. Der Mann und einige Dutzend seiner Kollegen warteten zu diesem Zeitpunkt an einer Haltestelle auf den Bus. Zehn Personen starben sofort, weitere zwanzig wurden schwer verletzt, einige verloren Gliedmaßen – darunter auch der Besitzer des Hauses, in dem Oleksij jetzt wohnt.

Derzeit wird der Hausbesitzer in Norwegen behandelt, er muss lernen, sein Leben mit Prothesen zu meistern. Frau und Tochter sind bei ihm. „So hatten sie sich ihre erste Auslandsreise nicht vorgestellt“, sagt Oleksij und es klingt bitter. In seinem vorübergehenden Zuhause kümmert er sich auch um die zurückgelassenen Haustiere. Außer Hunden und Katzen gibt es auch noch zwei Dutzend Küken, die nach der überstürzten Abreise der Familie geschlüpft sind.

Ständig Explosionen

Oleksijs Frau und seine zwei Kinder sind ebenfalls im Ausland. Im März sind sie nach Berlin geflüchtet, die beiden Kinder gehen dort in die Schule. Oleksijs Frau Switlana, die Ukrainischlehrerin ist, lernt jetzt Deutsch. „Switlana will so schnell wie möglich wieder zurückkommen. Ich sehne mich so nach ihnen und würde sie in dieser schwierigen Zeit so gerne bei mir haben.“ Aber es gehe nicht, es sei einfach zu gefährlich. In ihrer Straße wurden bereits mehrere Menschen durch Granatsplitter getötet. Vor ihrem Haus hat eine Druckwelle den Zaun weggerissen und die Fenster zerbrochen. „Man weiß nie, was ein neuer Tag bringt“, sagt Oleksij.

Als der Akku seines Laptops leer ist, verlässt Oleksij das Haus, trotz der ständigen Explosionen vor dem Fenster. Er steigt in sein Auto, das im Hof steht. Da es keinen Strom gibt, will er den Akku über die Autobatterie aufladen. „Unter solchen Bedingungen muss man sich immer etwas einfallen lassen“, sagt er. Und dann kommt ein Satz, der seltsam klingt an diesem Ort. „Gleichzeitig schaue ich mir das Feuerwerk an.“ Das Feuerwerk, damit meint er das Licht von am Himmel fliegenden Projektilen.

Zwei Stunden nachdem sich Oleksij ins Auto gesetzt hat, ist irgendwo in der Nähe eine starke Explosion zu hören. Es scheint, als würden die Wände des Hauses von einer Explosionswelle weggerissen.

Eine Gruppe von Männern mit Schutzhelmen

Die Freiwilligen besprechen einen Evakuierungsplan Foto: Volodymyr Kutsenko

Oleksij kommt ins Haus zurück und fragt, ob alles in Ordnung sei. „So etwas habe ich noch nie gesehen! Diesmal gab es ein richtiges Feuerwerk! Tausende kleiner Lichter begannen langsam vom Himmel auf Häuser in mehreren Straßen zu fallen. Morgen früh werden wir herausfinden, wo sie genau niedergegangen sind“, beschreibt er, was er gesehen hat. Das alles ähnelt sehr dem Beschuss mit Phosphorbomben. Solche Geschosse sind mit Phosphor gefüllt, der sich bei Kontakt mit der Luft entzündet. Die Verwendung dieser Granaten ist durch die Genfer Konvention verboten, was Russland jedoch ignoriert.

Rechtzeitig retten

Am Morgen erzählt Oleksij, dass er die ganze Nacht im Auto verbracht habe. „Am Ende bin ich eingeschlafen. Aber mit meiner Arbeit bin ich fertig. Jetzt steht ein anstrengender Tag bevor“, sagt er und macht sein Auto für die Fahrt nach Awdijiwka startklar. Im Kofferraum seines alten Schigulis verstaut er einige große Kisten. Das sind Pakete, die er an Menschen in der Stadt verteilen muss, sowie eine Kiste mit Medikamenten für die örtliche Apotheke.

Oleksij setzt einen blauen Helm auf und zieht eine Schutzweste mit der Aufschrift „Freiwilliger“ über – daran befestigt er eine Taschenlampe, ein Erste-Hilfe-Set und eine Aderpresse, um Blutungen stillen zu können. „Die Straße, auf der wir fahren, wird beschossen. Deshalb muss es sehr schnell gehen“, erklärt er und schließt den Kofferraum. Die Heckscheibe ist, wie auch die Karosserie des alten Autos von Splittern beschädigt. Wie es dazu gekommen sei, wolle er unterwegs erzählen, sagt Oleksij und startet den Motor.

Er tritt das Gaspedal durch. Trotz des Alters des Autos, tiefer Schlaglöcher und scharfer Kurven zeigt der Tacho 120 km/h. Er steuert das Fahrzeug gekonnt – es wirkt, als könne er diese Route mit geschlossenen Augen bewältigen.

Die Fahrt selbst erinnert an ein Rennen, bei dem es ums Überleben geht. Je näher Awdijiwka kommt, desto mehr Explosionen sind zu hören. „Und jetzt die Geschichte mit dem Auto“, sagt Olek­sij und grinst.

Ein Mann mit einem blauen helm spricht mit jemanden, ein Hund schaut in die Kamera

Diese Frau will ihr Haus nicht verlassen Foto: Volodymyr Kutsenko

Das Ganze ist erst vor einigen Wochen passiert, als er eine alte Frau aus Awdijiwka evakuieren wollte. „Ich habe ihr lange gut zureden müssen, aber sie hat sich jedes Mal geweigert und gesagt, dass sie sich mit ihren Nachbarn im Keller gut fühle.“ So sei es auch dieses Mal gewesen.

Während er noch auf die ältere Frau eingeredet habe, den Keller zu verlassen und in sein Auto einzusteigen, sei eine Grad-Granate nicht weit von seinem Auto entfernt niedergegangen und habe das Fahrzeug zertrümmert. Ein Granatsplitter habe das Fahrzeug nur wenige Zentimeter vom Benzintank entfernt durchbohrt. „Glück gehabt. Vielleicht hat diese alte Frau uns das Leben gerettet“, sagt Oleksij ironisch und fügt hinzu, dass sie sich am Ende dann doch geweigert habe, die Stadt zu verlassen.

Überhaupt: Fast täglich muss Oleksij Menschen dazu überreden, Awdijiwka den Rücken zu kehren. Die Gründe, warum sie das ablehnen, sind ganz unterschiedlich. „Vor allem Familien mit Kindern verstehe ich nicht! Worauf warten sie? Die Kinder müssen doch gerettet werden. Sie sind ohnehin schon traumatisiert, nach Monaten unter diesen Bedingungen“, sagt Oleksij sichtlich erregt. In den vergangenen Wochen hat er so manche Erfahrungen sammeln können.

„Vor einigen Tagen musste ich bei einem alten Mann 20 Minuten lang Überzeugungsarbeit leisten“, erzählt Oleksij. „Das ist viel, denn normalerweise dauert eine Evakuierung einige Minuten, weil die ganze Zeit geschossen wird. Schließlich war der alte Mann einverstanden, aber erst für den nächsten Tag“, erinnert er sich. Als er wieder nach Awdijiwka kam, erfuhr er, dass der Mann gestorben war, wahrscheinlich war die Belastung zu groß gewesen. „Das war in der vergangenen Woche. Gestern habe ich eine Nachbarin des alten Mannes getroffen. Die beschwerte sich bei mir, dass den Mann noch niemand beerdigt habe und dass ich das tun müsse“, sagt Oleksij und in seiner Stimme schwingt Verzweiflung mit. „Aber ich bin doch nur Freiwilliger. Ich versuche Menschen zu retten, aber doch nicht zu beerdigen.“ Und ergänzt: „Dazu habe ich auch rein juristisch keine Berechtigung.“

Mit Beerdigungen ist es derzeit in Awdijiwka schwierig. Die wenigen verbliebenen Mitarbeiter der Bestattungsunternehmen können das Ar­beits­pensum nicht bewältigen. Und allein stehende und ältere Menschen haben nicht die Mittel, um für eine Beerdigung zu bezahlen.

Sieben Anschriften

Die Ankunft in Awdijiwka erinnert an eine Szene aus einem Horrorfilm. Die Straßen sind an diesem Tag Ende Juni fast menschenleer, jedes zweite Gebäude ist beschädigt. Zunächst will sich Oleksij mit drei anderen Freiwilligen treffen, die einen kleinen Bus haben, um Menschen zu transportieren. Am Vortag hat er eine Liste mit den Namen und Adressen von Personen zusammengestellt, die ihn um eine Evakuierung gebeten haben. Heute sind es sieben Anschriften in verschiedenen Teilen der Stadt. Die Freiwilligen teilen sie untereinander auf, um die Evakuierung so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen.

Unter der ersten Adresse lebt eine dreiköpfige Familie – ein Sohn mit seinen alten Eltern. Als das Auto vor ihrem Haus eintrifft, stehen sie bereits mit kleinen Taschen vor der Tür. Sie binden ihren Hund los und lassen die Katze frei – die Nachbarn haben versprochen, auf die Tiere aufzupassen. Sie schließen die Tür ab, verabschieden sich schnell und steigen ins Auto.

Ukraine-Karte mit den im Text genannten Orten und der Frontlinie

„Wir haben 51 Tage im Keller gelebt. Immer wurde geschossen, Tag und Nacht. Unsere Essensvorräte sind aufgebraucht“, sagt die 75-jährige Inna Jewgenjewna zur Erklärung, warum sie Awdijiwka jetzt endlich verlassen. „Wir fahren nach Dnipro. Dort hoffe ich Arbeit zu bekommen und meinen Eltern dabei zu helfen, eine Wohnung zu finden“, sagt ihr Sohn, auch er heißt Oleksij und ist 40 Jahre alt. Er ist zu seinen Eltern gezogen, nachdem eine Granate in seine Wohnung im Zentrum von Awdijiwka eingeschlagen war. „Das war schon das zweite Mal. 2016 ist das schon einmal geschehen, da hatte ich gerade renoviert“, sagt er. Jetzt fährt die Familie ins Ungewisse, doch sie ist froh, keine Angst mehr vor Granaten haben zu müssen, die ihr Haus treffen könnten.

Als Nächstes fährt Oleksij zu einer alten Frau, die am Vortag endlich ihrer Evakuierung zugestimmt hat. Ihr Haus befindet sich zwischen mehrstöckigen Wohnblocks im Zentrum von Awdijiwka. Auf dem Weg dorthin entsteht langsam ein genaueres Bild vom Leben der Bevölkerung.

In jedem Hof sitzen Menschen um ein Feuer herum. Manche sammeln Feuerholz, schälen Kartoffeln, holen Wasser aus einem Brunnen oder bereiten das Abendessen für die Nachbarn zu, irgendwo köchelt Wasser in einem Teekessel. Es ist schwer vorstellbar, dass Menschen unter solchen Bedingungen leben müssen. Alle haben ihre Häuser vor Augen – mit zerbrochenen Wohnungsfenstern, Löchern in den Wänden von Granateinschlägen oder ausgebrannten Eingängen. In der Nähe des Hauses der alten Frau trifft Oleksij auf eine Nachbarin. Die alte Frau sei in der Nacht gestorben, sagt sie tonlos. „Sie hat ihre Sachen zusammengepackt, sich in ihrer Wohnung in einen Sessel gesetzt. Dort ist sie eingeschlafen. Wir habe sie vor einer Stunde gefunden“, erzählt sie und fragt sofort, wann Oleksij die Tote beerdigen könne.

Doch der zuckt nur mit den Schultern. Die Nachricht vom Tod der Frau erschüttert ihn, doch er will jetzt nicht darüber reden. Leise sagt er: „Ich muss weiter. Es warten auch noch andere.“ Nachdem alle Adressen abgefahren sind, willigt er ein, den Anlaufpunkt für humanitäre Hilfe zu zeigen bzw. das, was davon noch übrig geblieben ist.

Die Stelle war in einer Schule im Zentrum von Awdijiwka untergebracht. Vor dem Krieg hat ­Oleksij hier oft Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen für Schulkinder mit einer Gruppe lokaler Ak­ti­vis­t*in­nen organisiert.

Da es keine Feuerwehr mehr in der Stadt gibt, wurde gar nicht erst versucht, das Feuer zu löschen

In den ersten Tagen nach Kriegsbeginn wurde im ersten Stock ein Lager für humanitäre Hilfsgüter eingerichtet – Lebensmittel, Hygieneartikel, Wasser, Medikamente, Kleidung und Tierfutter. Die Be­woh­ne­r*in­nen wussten, dass sie an diesem Platz Hilfe bekommen würden. Eines Nachts wurde das Gebäude von russischen Grad-Raketen beschossen. Die Schule brannte vollständig nieder. Da es keine Feuerwehr mehr in der Stadt gibt, wurde gar nicht erst versucht, das Feuer zu löschen.

Obwohl der Beschuss bereits einige Tage her ist, raucht es noch aus einigen Fenstern. Offensichtlich brennt es immer noch. Innen ist der ganze Boden mit verbrannten Blechdosen übersät. „Das war die Garderobe. Hier hatten wir Babynahrung gelagert. Und hier lagen Konserven und daneben Medikamente“, sagt Oleksij. Die russische Armee begründete den Angriff auf die Schule damit, dass sich hier angeblich ein Stab der ukrainischen Armee befunden habe.

„Jeden Tag sind Menschen hierher gekommen. Sie haben gesehen, was für ein Hauptquartier hier war. Ich will diese Absurdität gar nicht weiter kommentieren“, sagt er. Plötzlich taucht eine Frau auf. „Sagt mal, kann ich hier noch Futter bekommen?“, fragt sie und stellt sich als Alla vor, 63 Jahre alt. „Hier sind so viele zurückgelassene Hunde und Katzen. Sie wollen alle fressen, aber ich habe nicht genug Futter für alle.“

Aber alles ist verbrannt. Doch im Auto eines anderen Freiwilligen liegt noch ein halbes Päckchen Tiernahrung, das er der Frau gibt. Sie bedankt sich und sagt leise beim Hinausgehen: „Oh, was war das für eine Schule. Wo werden die Kinder jetzt hingehen?“ Sie bricht den Satz ab.

Kein Soldat

Nach einer kurzen Pause sind wieder Explosionen in der Stadt zu hören. Oleksij muss noch ein Paket abgeben – eine Schachtel mit Medikamenten für eine der wenigen noch geöffneten Apotheken der Stadt. Sie befindet sich in dem Teil, der nahe an der Front liegt. „Da muss ich unbedingt hin. Die Leute warten auf die Medikamente“, sagt er und steigt ins Auto. Die Entfernung ist kurz, aber die donnernden Geräusche von Explosionen machen selbst eine kurze Fahrt zu einer Nervenprobe.

Nicht weit vom Ziel entfernt befindet sich auch das Haus von Oleksij. Aber er hat nicht vor, dorthin zu gehen. Der Anblick des Hauses, in dem er alles selbst hergerichtet hat und in dem seine Kinder aufgewachsen sind, ist zu schmerzhaft. In der Apotheke wird Oleksij freudig begrüßt, das Personal hört gar nicht auf, sich zu bedanken.

Für heute ist alles erledigt, jetzt geht es zurück in das fremde Haus, in dem er wohnt. Manchmal kaufe er mit seinem Geld Medikamente, die er dann verschenke, sagt Oleksij. Auch sein Auto betankt und repariert er auf eigene Kosten. „Ich tue, was ich kann. Im Gegensatz zu anderen Leuten verdiene ich hier etwas Geld, deshalb kann ich es für andere ausgeben“, sagt er. Und dann erzählt er noch, dass er sich eigentlich der Armee haben anschließen wollen, um die Ukraine zu verteidigen. Dann sei er jedoch ziviler Freiwilliger geworden. „Ich bin kein Soldat, also habe ich mich am Ende dafür entschieden, einfach anderen Menschen zu helfen. Ich kann nicht untätig abseits stehen. Wie heißt es so schön: Die Freiwilligen kommen in einer schwierigen Zeit für das Land. Also bin ich gekommen“, sagt er und lächelt.

An diesem Tag holen die Freiwilligen sieben Menschen aus Awdijiwka heraus. Das ist wenig für eine Stadt, in der immer noch rund 2.000 Ein­woh­ne­r*in­nen ausharren. Aber es es sind sieben gerettete Leben.

Aus dem Russischen von Barbara Oertel

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