+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Straflager für Moskauer Abgeordneten

Moskau verurteilt einen Abgeordneten zu sieben Jahren Straflager wegen Kritik am Krieg in der Ukraine. Baerbock wirft Lawrow Gesprächsverweigerung vor.

Ein Mann mit Handschellen steht vor einer Glaswand

Gorinow im Gerichtssaal am 8. Juli Foto: Kirill Kudryavtsev/afp

Sieben Jahre Straflager für Moskauer Abgeordneten

Weil er Russlands Krieg gegen die Ukraine öffentlich kritisiert hat, ist ein Abgeordneter eines Moskauer Bezirksparlaments zu sieben Jahren Straflager verurteilt worden. Die offizielle Begründung lautete, Alexej Gorinow habe „vorsätzlich falsche Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation“ verbreitet. Das verkündete am Freitag das zuständige Gericht in der russischen Hauptstadt. Regierungsgegner hingegen kritisierten das Urteil als politisch motiviert und als Vorwand, um den kritisch auftretenden 60-jährigen Juristen loszuwerden.

Der Politiker wurde auf Grundlage eines recht neuen Gesetzes verurteilt, das angebliche „Fake News“ über Russlands Armee unter Strafe stellt. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine Ende Februar haben unter Berufung auf das umstrittene und gefürchtete Gesetz bereits mehrere Verfahren begonnen. Aber Gorinows Strafe ist mit Abstand die härteste, die bislang verhängt wurde.

Hintergrund der Ermittlungen gegen ihn ist eine Vorstandssitzung des Bezirksparlaments Mitte März, bei dem es um die Frage ging, ob es einen Zeichenwettbewerb für Kinder geben solle. Gorinow und eine mittlerweile ins Ausland geflüchtete Kollegin sprachen sich gegen solche Unterhaltungsangebote aus – mit Verweis auf das gegenwärtige Leid im Nachbarland Ukraine.

Gorinow sprach in der Diskussion damals von „Krieg“ – und nicht wie offiziell vom Kreml vorgegeben von einer „militärischen Spezial-Operation“. Aufzeichnungen der Sitzung landeten später im Internet – und Gorinows Worte wurden somit vom Gericht als öffentlich verbreitet gewertet. Russische Oppositionelle reagierten schockiert auf das Urteil. Die Sprecherin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny, Kira Jarmysch, schrieb auf Twitter: „Sieben Jahre Freiheitsentzug für Alexej Gorinow, der einfach nur den Krieg „Krieg“ genannt hat – das ist wirklich entsetzlich.“ Auch Nawalny sprach zuletzt immer wieder von Krieg und kritisierte das Blutvergießen in der Ukraine. (dpa)

Russland droht erneut

Nach mehr als vier Monaten Krieg in der Ukraine hat Russland sein militärisches Potenzial als „riesig“ bezeichnet und dem überfallenen Land damit erneut gedroht. Im Moment werde nur ein „unbedeutender Teil“ des Potenzials eingesetzt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Freitag.

Peskow bekräftigte damit Aussagen von Kremlchef Wladimir Putin vom Vortag, wonach Russland in der Ukraine noch nicht einmal richtig losgelegt habe. Der russische Präsident hatte auch kampfeslustig auf Aussagen westlicher Politiker reagiert, wonach die Entscheidung in der Ukraine auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden solle.

„Das Potenzial Russlands ist so riesig in der Hinsicht, dass nur ein unbedeutender Teil davon jetzt eingesetzt wird bei der militärischen Spezial-Operation“, sagte Peskow nach monatelangen Angriffen auf Dutzende Städte der Ukraine.

Russland kritisiert seit langem die Lieferung schwerer Waffen des Westens an die Ukraine als eine künstliche Verlängerung des Krieges. Westliche Experten gehen allerdings davon aus, dass die militärische Kraft Russlands auch wegen hoher Verluste deutlich geschwächt ist.

Bei einem Treffen mit führenden Vertretern des russischen Parlaments hatte Putin am Donnerstag gesagt: „Heute hören wir, dass sie uns auf dem Schlachtfeld schlagen wollen. Was soll man dazu sagen? Sollen sie es nur versuchen.“ Der Kremlchef betonte einmal mehr, dass alle Ziele der „Militäroperation“ erreicht würden – „ohne Zweifel“.

„Jeder sollte wissen, dass wir im Großen und Ganzen noch nichts Ernsthaftes begonnen haben. Zugleich lehnen wir auch Friedensverhandlungen nicht ab. Aber diejenigen, die darauf verzichten, sollten wissen, dass es schwerer werden wird, mit uns zu verhandeln, je länger es weiter geht“, sagte er. Putin warf dem Westen erneut vor, „bis zum letzten Ukrainer“ kämpfen zu wollen. „Das ist eine Tragödie für das ukrainische Volk.“

Russland fordert von der Ukraine unter anderem einen Verzicht auf Gebiete für eine Lösung des Konflikts. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen will mit schweren westlichen Waffen die von Russland besetzten Gebiete zurückholen. Auch die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim will er wieder in die Ukraine eingliedern. (dpa)

Ukrainischer Gouverneur warnt vor einer Katastrophe in Sjewjerodonezk

Der Gouverneur von Luhansk hat vor einer Katastrophe in der von Russland eroberten Stadt Sjewjerodonezk gewarnt. Serhij Hajdaj sagte am Freitag, das russische Militär habe die gesamte kritische Infrastruktur in der Stadt zerstört. Es gebe weder Wasser, noch Strom oder ein funktionierendes Abwassersystem, während in den überhitzten Wohnungen Leichen verwesten.

Hajdaj warf den russischen Streitkräfte vor, wahllosen Artilleriebeschuss einzusetzen, um ihre Gewinne in der ostukrainischen Provinz Luhansk zu sichern. Moskau erklärte diese Woche, seine Soldaten hätten die vollständige Kontrolle über Luhansk erkämpft, doch Gouverneur Hajdaj und andere ukrainische Vertreter erklärten, ihre Truppen hielten weiterhin einen kleinen Teil der Provinz. „Luhansk ist noch nicht vollständig eingenommen, obwohl die Russen ihr gesamtes Arsenal eingesetzt haben, um dieses Ziel zu erreichen“, sagte Hajdaj der Nachrichtenagentur AP. In Dörfern an der Grenze der Region werde noch gekämpft.

Das ukrainische Präsidialamt teilte am Freitag mit, bei russischen Angriffen seien in den vorangegangenen 24 Stunden mindestens zwölf Zivilisten getötet worden. Weitere 30 hätten Verletzungen erlitten. Zwei Städte in Donezk, der zweiten Provinz im Donbass neben Luhansk, seien am stärksten beschossen worden. Dort seien sechs Todesopfer bestätigt worden.

Der russische Präsident Wladimir Putin drängte Kiew bei einem Treffen mit Fraktionschefs am Donnerstag, schnell die Bedingungen Moskaus zu akzeptieren oder sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Russland habe in der Ukraine noch gar nicht richtig angefangen, sagte er nach mehr als vier Monaten Krieg.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, der Präsident habe damit auf Erklärungen der ukrainischen Regierung und ihrer westlichen Verbündeten reagiert, Russland auf dem Schlachtfeld besiegen zu wollen. „Das russische Potenzial ist so groß, dass nur ein kleiner Teil davon in der speziellen Militäroperation genutzt wurde“, sagte Peskow am Freitag vor Reportern. „Und deshalb sind die westlichen Erklärungen völlig absurd und tragen nur zum Leid des ukrainischen Volkes bei.“ (ap)

UN warnen vor gesundheitlichen Folgen des russischen Krieges

Die UN haben vor den verheerenden Folgen des Angriffskrieges Russlands für die körperliche und mentale Gesundheit der Bevölkerung in der Ukraine gewarnt. Viele Menschen in dem osteuropäischen Land seien den Attacken des russischen Militärs schutzlos ausgeliefert, erklärte Dorit Nitzan, Managerin der Weltgesundheitsorganisation, am Freitag per Videokonferenz aus Odessa.

Explosionen und Raketeneinschläge führten zu Verbrennungen der Augen mit teilweisen oder dauerhaften Erblindungen. Menschen müssten die Beine amputiert werden, weil sie auf Landminen getreten seien. Der donnernde Lärm der Bombardierungen könne das Gehör schädigen. Die ständige Angst, die Trauer und die Ungewissheit erschütterten die psychische Gesundheit, sagte die Medizinerin.

Nitzan wies auch die Menschen hin, die keine Krebsdiagnose und –behandlung mehr erhielten. Andere Menschen hätten keinen Zugang zu Medikamenten gegen Bluthochdruck. Als Folge erlitten sie Herzversagen oder einen Schlaganfall. Auch Diabetiker warteten vergeblich auf eine Behandlung. Frühgeborene Kinder, schwangere Frauen und ältere Menschen würden zurückgelassen und seien von der nötigen Fürsorge ausgeschlossen.

Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar hat das russische Militär laut der WHO Hunderte Krankenhäuser, Kliniken, Ambulanzen und andere Gesundheitseinrichtungen beschossen, beschädigt oder zerstört. Zudem kämpft das ukrainische Gesundheitswesen mit einem Mangel an Personal, Medikamenten, Apparaturen und Energie. (epd)

Russland hält an Eroberung von Donbass fest

Russland hält nach Angaben seines Botschafters in Großbritannien an seinem Ziel einer Eroberung des gesamten Donbass fest. Zudem sei ein Rückzug russischer Truppen aus der Südukraine unwahrscheinlich, sagt Botschafter Andrej Kelin der Nachrichtenagentur Reuters in London. Zur Begründung gibt Kelin an, nach einem russischen Rückzug würde es in den jeweiligen Gebieten zu Provokationen und zur Erschießung von Menschen kommen. Die Ukraine werde sich früher oder später entscheiden müssen, ob sie einem Friedensabkommen mit Russland zustimme oder die Kämpfe bis zum Zusammenbruch fortsetze, sagt der Botschafter. (rtr)

Baerbock wirft Lawrow Gesprächsverweigerung vor

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat dem russischen Außenminister Sergej Lawrow nach dessen Verlassen des G20-Treffens auf Bali Gesprächsverweigerung vorgeworfen. „Dass der russische Außenminister einen großen Teil der Verhandlungen hier nicht im Raum, sondern außerhalb des Raumes verbracht hat, unterstreicht, dass es keinen Millimeter an Gesprächsbereitschaft der russischen Regierung derzeit gibt“, sagte Baerbock am späten Nachmittag (Ortszeit) auf der indonesischen Insel. Lawrow hatte den Saal im Luxushotel Mulia am Freitag gleich nach seiner Rede verlassen und sich die Wortmeldungen seiner Kritiker gar nicht mehr angehört. Anschließend warf er dem Westen vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern.

Baerbock betonte, gerade bei der wichtigen Frage, wie die weltweite Ernährungskrise bewältigt werden könne, sei Lawrow nicht anwesend gewesen. „Daher gilt umso mehr, dass wir als führende Industriestaaten der G7 jetzt gemeinsam die Staaten des globalen Südens unterstützen, dass wir dafür sorgen, dass die Menschen, die ohnehin schon leiden, nicht in eine viel, viel tiefere Hungersnot hineinrutschen.“ Die allermeisten Vertreter bei dem Treffen hätten „den brutalen Angriffskrieg Russlands“ als größte aktuelle Gefahr verurteilt, sagte Baerbock und weiter: „Der Appell aller 19 Staaten war sehr deutlich an Russland: Dieser Krieg muss ein Ende haben.“ Am Abend wollte Baerbock weiter in den Inselstaat Palau im Südpazifik reisen.

Der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt (CDU), begrüßt die Linie von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gegenüber ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow beim G20-Treffen auf Bali. „Ich halte diese Haltung für richtig. Das Wichtigste ist, dass wir eine einheitliche Haltung unter den G7- und den EU-Mitgliedern, die teilnehmen am G20, haben. Das ist gelungen“, sagt Hardt im Deutschlandfunk. Baerbock hatte Russland bereits am Donnerstag zum Auftakt des G20-Treffens scharf kritisiert. Im November kommen die Regierungschef zum G20-Gipfel zusammen. (dpa/rtr)

Bundestag stimmt Nato-Betritt von Finnland und Schweden

Der Bundestag hat einem Beitritt von Finnland und Schweden zur Nato zugestimmt. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierte am Freitag in Berlin für ein Gesetz, das die Voraussetzung zur Annahme entsprechender Protokolle durch Deutschland ist. Dafür stimmten die Fraktionen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie aus der Opposition die Union und mehrheitlich die AfD. Ablehnung gab es aus der Linken. Die eigentliche Ratifizierungsurkunde stellt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus.

Der Schritt Schwedens und Finnlands ist eine unmittelbare Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Am Dienstag hatten die Botschafter der 30 Bündnisstaaten im Hauptquartier in Brüssel in Anwesenheit der Außenminister der beiden nordischen Länder bereits die sogenannten Beitrittsprotokolle unterzeichnet. Bisher haben Kanada, Estland, Norwegen, Dänemark und Island einen Beitritt ratifiziert.

Die Bundesregierung warb am Freitag zum Auftakt der Debatte um Zustimmung. „Die geplanten Beitritte Finnlands und Schwedens zum Nordatlantischen Verteidigungsbündnis sind von herausragender Bedeutung für uns und unsere Partner angesichts der Erschütterungen, die wir aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Europa und in der ganzen Welt erfahren“, sagte Tobias Lindner (Grüne), Staatsminister im Auswärtigen Amt, der für die Regierung sprach.

In einer dramatisch veränderten Sicherheitslage in Europa bedeute dieser Beitritt nicht nur für die nordischen Partner zusätzliche Sicherheit, sondern auch für die Nato insgesamt einen Zugewinn an Stärke und Zusammenhalt, sagte Lindner. Mit beiden Staaten gebe es zudem eine lange Partnerschaft. Lindner: „Wir stärken heute die demokratischen Werte der Nato.“ (dpa)

Putins Äußerung im Parlament

Russland hat nach Darstellung von Präsident Wladimir Putin in der Ukraine gerade erst angefangen. „Jeder sollte wissen, dass wir im Großen und Ganzen noch nicht richtig losgelegt haben“, sagte Putin am Donnerstag in einer kämpferischen Rede vor hochrangigen Abgeordneten.

Allerdings sprach er auch zum ersten Mal seit Wochen die Möglichkeit von Verhandlungen an. „Gleichzeitig lehnen wir Friedensverhandlungen nicht ab“, sagte er. „Aber diejenigen, die diese ablehnen, sollten wissen, dass es schwieriger für sie wird mit uns zu verhandeln, je länger es dauert.“ Die Regierungen in Moskau und Kiew haben zuletzt erklärt, die Gespräche seien abgebrochen worden. (rtr)

🐾 Russland auf dem G20-Gipfel

Beim Treffen der Außenminister reist Sergej Lawrow vorzeitig ab. Dabei setzt Moskau aus „Business as usual“ – trotz des Krieges gegen die Ukraine. taz-Autorin Inna Hartwich berichtet.

Westliche Verbündete rufen Russland zur Beendigung des Krieges auf

Die USA und ihre westlichen Verbündeten haben Russland beim Außenministertreffen der G20-Staaten in Indonesien zur Beendigung des Angriffskriegs in der Ukraine aufgerufen. Bei den Beratungen am Freitag auf der Insel Bali sei Russland mit Forderungen zahlreicher Staaten konfrontiert worden, den Krieg zu beenden, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Ein „starker Chor aus der ganzen Welt“ habe Moskau dazu gedrängt, die Angriffe einzustellen.

Die Außenministerin des Gastgeberlandes Indonesien, Retno Marsudi, hatte das Treffen auf Bali mit einem Friedensappell eröffnet. „Es ist unsere Verantwortung, den Krieg eher früher als später zu beenden und unsere Meinungsverschiedenheiten am Verhandlungstisch beizulegen und nicht auf dem Schlachtfeld auszutragen“, sagte sie.

Das Außenministertreffen gilt angesichts der Teilnahme des russischen Außenministers Sergej Lawrow als diplomatisch äußerst heikel. Während die EU und die USA wegen des Ukraine-Krieges Sanktionen gegen Russland verhängt haben, halten sich G20-Staaten wie China, Indien und Südafrika mit einer Verurteilung des russischen Einmarschs in der Ukraine zurück.

Vor Beginn der Gespräche hatten westliche Teilnehmer vor einem Missbrauch der Veranstaltung durch Moskau gewarnt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte vor ihrer Abreise nach Bali, Russland dürfe „nicht einfach die Bühne“ überlassen werden.

Vor dem Auftakt der G20-Beratungen traf sich US-Außenminister Antony Blinken mit Baerbock, Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna und einem ranghohen britischen Regierungsvertreter, um über Russlands „unprovozierten und ungerechtfertigten Krieg“ in der Ukraine zu sprechen, wie das US-Außenministerium mitteilte. Dabei seien Maßnahmen gegen die weltweite Lebensmittelkrise erörtert worden.

Nach Angaben aus US-Regierungskreisen wird Blinken ein direktes Treffen mit Lawrow vermeiden und stattdessen Moskau für die Verursachung der weltweiten Nahrungsmittel- und Energiekrise verantwortlich machen.

Auch Lawrow zeigte Blinken auf Bali die kalte Schulter. Er werde den USA nicht „hinterherlaufen“, sagte er zu Journalisten. „Es waren nicht wir, die den Kontakt abgebrochen haben, sondern die Vereinigten Staaten“, fügte der russische Außenminister hinzu. Während einer per Videoschalte übertragenen Rede des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba war Lawrow im Sitzungssaal nicht anwesend, wie AFP aus Diplomatenkreisen erfuhr.

Ein alter Mann mit Glatze und Anzug nippt an seinem Kaffee

Nicht amüsiert: der russische Außenminister verlässt die G20 vorzeitig Foto: Dita Alangkara/dpa

Lawrow verlässt G20-Treffen vor Rede des ukrainischen Außenministers

Der russische Außenminister Sergej Lawrow verlässt das G20-Treffen der führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte auf Bali vorzeitig. „Lawrow führt noch bilaterale Gespräche, danach wendet er sich an die Presse und reist ab“, teilte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag auf Anfrage mit. Er nimmt demnach nicht am offiziellen Essen und an der Nachmittagssitzung teil.

Lawrow verließ nach Angaben aus Delegationskreisen direkt nach seiner Rede den Sitzungssaal. Er habe sich damit auch der Replik von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entzogen, hieß es weiter. Baerbock war als amtierende Vorsitzende der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte direkt nach Lawrow als nächste Rednerin vorgesehen. Im Saal saß der Russe zwischen Vertretern aus Saudi-Arabien und Mexiko.

Die Anwesenheit Lawrows bei dem G20-Treffen galt auch als Test für eine mögliche Teilnahme von Kremlchef Wladimir Putin am G20-Gipfel am 15. und 16. November, der ebenfalls auf Bali stattfindet. Mehrere Staaten hatten ihre Teilnahme infrage gestellt, sollte Putin persönlich zum Gipfel kommen.

Bei der Begrüßung Lawrows am Donnerstag riefen zwei deutsche Journalisten dem Minister Fragen zu. Der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast fragte: „When do you stop the war?“ (deutsch: „Wann beenden Sie den Krieg?“). Kynast wurde im Anschluss nach eigenen Angaben von indonesischen Sicherheitsbeamten aus der Empfangshalle gebracht. Weitere Einschränkungen für ihn gab es demnach zunächst nicht. Ein zweiter deutscher Journalist rief Lawrow die Frage zu: „Why don't you stop the war?“ (deutsch: „Warum beenden Sie den Krieg nicht?“).

Zum Auftakt des Treffens rief Gastgeberin Retno Marsudi eindringlich zu einem Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auf. „Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern“, sagte die indonesische Außenministerin. Der weltgrößte Inselstaat hat derzeit den Vorsitz des G20-Staatenbundes.

Indonesien, das derzeit den G20-Vorsitz hat, hatte nach einer Reise von Präsident Joko Widodo nach Moskau und Kiew Ende Juni angeboten, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Marsudi sagte in ihrer Eröffnungsrede, die Staatengruppe müsse die Chance des Treffens nutzen, um Vertrauen aufzubauen und „dem Frieden eine Chance zu geben“. Sie rief eindringlich zum Multilateralismus auf, also zur Zusammenarbeit der Staaten bei der Lösung der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Probleme. „Globale Herausforderungen bedürfen globaler Lösungen“, erklärte sie.

Baerbock hatte am Donnerstagabend kurz nach ihrem Eintreffen auf Bali gesagt, sie werde in ihrer Replik auf Lawrow „sehr deutliche Worte finden, dass wir diesen Bruch des internationalen Völkerrechts nicht akzeptieren“. (dpa)

Lawrow kritisiert Politik des Westens im Ukraine-Konflikt

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen vorgeworfen, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, „dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen“, sagte Lawrow am Freitag auf der indonesischen Insel Bali. Nach seiner Rede verließ er das Treffen der Gruppe der 20 führenden und aufstrebenden Nationen vorzeitig.

Lawrow warf dem Westen auch vor, die Ukraine dazu zu drängen, für die Kämpfe „seine Waffen zu benutzen“. Der Minister kritisierte, dass die Vertreter westlicher Staaten Russland wegen der Lage in der Ukraine als „Aggressor“ und „Besatzer“ anprangere, ohne sich die Gründe anzusehen. Russland sieht es als sein Recht einer unabhängigen Politik an, seine Interessen in der Ukraine mit militärischer Gewalt durchzusetzen und kritisiert die westlichen Sanktionen als illegal. Er sei nach Bali gekommen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, „wie der Westen atmet“, sagte Lawrow.

Lawrows Besuch auf Bali sollte auch der Vorbereitung einer möglichen Reise von Kremlchef Wladimir Putin zum G20-Gipfel im November dienen. Es ist unklar, ob Putin persönlich oder per Video teilnimmt. (dpa)

🐾 Krieg in der Ukraine: Kaum Erfolge für Russland

Die russischen Angriffe auf die Ostukraine gehen unvermindert weiter. Doch Experten sehen Anzeichen dafür, dass sich die Offensive abschwächt. taz-Redakteurin Barbara Oertel berichtet.

Zeitpunkt für Getreidegespräche mit Ukraine unklar

Russland ist nach Angaben von Außenminister Sergej Lawrow bereit, mit der Ukraine und der Türkei über Getreide zu verhandeln. Es sei aber unklar, wann solche Gespräche stattfinden könnten, sagte Lawrow am Freitag beim G20-Außenministertreffen im indonesischen Nusa Dua. In der Urkaine lagern Millionen Tonnen Getreide, die nicht exportiert werden können.

Lawrow kritisierte, dass auf dem G20-Treffen von den westlichen Staaten mehr über Russland als die weltweiten ökonomischen Probleme gesprochen werde. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte Moskau am Donnerstag scharf kritisiert und Russland mit seinem Angriff auf die Ukraine die Verantwortung für die weltweit steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise gegeben. Indonesien als Gastgeber forderte ein rasches Ende des Krieges in der Ukraine.

Das Treffen der Minister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gilt auch als wegweisend für den Gipfel der G20-Staats- und Regierungschefs im November, zu dem Russlands Präsident Wladimir Putin bereits seine Teilnahme angekündigt hat. (rtr)

🐾 Ukrainische Flüchtlinge auf der Krim

Viele Ukrainer sind mangels Alternativen nach Russland geflohen. Zum Unmut anderer Ukrainer, aber auch vieler Russen. Unterstützung gibt es kaum. Von taz-Kolumnistin Xenia Barbich.

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