Erfolg für Klimaklagen: Juristerei for Future

Wichtige Klimaklagen haben kleine Siege errungen – vor einem Gericht in Brasília und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Luftbild

Ein Regenbogen über dem Amazonas-Regenwald in Brasilien Foto: Nacho Doce/reuters

BASEL taz | Wenn es um Brasilien und Klimaschutz geht, dann oft im negativen Sinne: Bilder von gigantischen Schneisen durch den Regenwald, Schlagzeilen über die uneinsichtige Regierung des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro. Jetzt ist das oberste Gericht in Brasília eingeschritten: Es hat geurteilt, dass das Pariser Weltklimaabkommen ein Menschenrechtsabkommen ist. Was nach einer Formalität klingt, hat in Brasilien weitreichende Konsequenzen: Menschenrechtsabkommen haben einen höheren rechtlichen Status als normale Gesetze oder Staatsverträge.

„Wenn ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz im Widerspruch zu einer Bestimmung eines Menschenrechtsvertrags steht, hat der Menschenrechtsvertrag Vorrang“, sagt Caio Borges von der brasilianischen Umweltorganisation Clima e Sociedade zu dem Urteil.

Er erhofft sich nicht nur, dass man gegen bestehende Anti-Öko-Regeln vorgehen kann, sondern auch, dass es seltener zu neuen kommt. „Der Status der Supralegalität verleiht den Menschenrechtsverträgen eine ‚abschreckende Wirkung‘ auf Gesetze, die ihnen zuwiderlaufen“, so der Umweltschützer.

Das Gericht urteilte zudem, dass es gegen die Verfassung verstößt, öffentliche Klimaschutzmittel nicht auszugeben. Genau das nämlich hatte Bolsonaros Regierung getan. In den Jahren 2019 und 2020 blieb Geld in Brasiliens Klimafonds unangetastet.

Erfolg vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte

Auch in Europa hat eine Klimaklage gerade einen Etappensieg erzielt. Sechs portugiesische Jugendliche klagen wegen mangelndem Klimaschutz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen 33 Länder. Es handelt sich um die EU-Staaten sowie Großbritannien, Norwegen, Russland, die Schweiz, die Türkei und die Ukraine. Dass das Gericht die Klage überhaupt zugelassen hat, galt als großer Erfolg – jetzt macht es ihn zu einem besonders wichtigen Fall.

Es hat entschieden, dass die Klage vor der Großen Kammer mit allen 17 Richtern verhandelt wird. Das ist ein außergewöhnlicher Schritt: Von den 72.100 Fällen, die derzeit vor dem Gericht anhängig sind, sollen nur 22 von der Großen Kammer entschieden werden. Sie kommt nur in „schwerwiegenden Fällen“ zum Zug.

Das trifft nun also auch auf diesen Fall zu. Die Jugendlichen argumentieren, dass die Länder mit ihrer Klimapolitik gegen die Menschenrechte der Menschen in Europa verstoßen. Eingereicht haben sie die Klage vor zwei Jahren.

Schon kurz darauf hatte sich abgezeichnet, dass das Gericht den Vorwurf ernst nimmt. Damals hatte es entschieden, den Fall prioritär zu behandeln und hatte den Regierungen eine besonders kurze Frist zur Stellungnahme gesetzt. „Nun hoffen wir, dass diese Richter unseren Fall so schnell wie möglich anhören und die europäischen Regierungen dazu bringen, die dringend notwendigen Maßnahmen zu unserem Schutz zu ergreifen“, sagt Sofia Oliveira, eine der Klägerinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.