SPD drängt auf Kündigungsstopp: Überstunden für den Mieterschutz

Mie­te­r*in­nen müssen im Herbst mit hohen Heizkosten rechnen. Die SPD fordert nun einen Kündigungsschutz und eine Kappungsgrenze für Indexmieten.

Mietwohnungen

Wer zur Miete wohnt, wird im Herbst mit Nachzahlungen für seine Heizkosten rechnen müssen Foto: Sabine Gudath/imago

BERLIN taz | Angesichts der Inflation und steigender Energiekosten geraten immer mehr Mie­te­r*in­nen unter Druck. Im Herbst müssen viele mit enormen Nachzahlungen bei den Heizkosten rechnen. Die SPD sieht nun akuten Handlungsbedarf. Es brauche „einen Kündigungsstopp im Herbst“, sagte Verena Hubertz, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, am Dienstag in Berlin. Es könne nicht sein, dass Mie­te­r*in­nen auf die Straße gesetzt und aus den Städten hinausgedrängt würden, weil sie ihre Gasrechnung nicht bezahlen könnten.

Auch im ersten Jahr der Pandemie 2020 hatte die Bundesregierung ein zeitlich befristetes Kündigungsmoratorium beschlossen. Covidbedingte Mietschulden aus den Monaten April bis Juni 2020 durften nicht zu einer Kündigung führen – allerdings mussten diese Schulden bis Ende Juni 2022 zurückgezahlt werden.

Kappungsgrenze für Indexmieten

Vor besonderen Herausforderungen stehen derzeit Mie­te­r*in­nen mit einem Indexmietvertrag. Der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Daldrup, forderte nun eine Kappungsgrenze für solche Verträge. „Die Lage ändert sich dramatisch zum jetzigen Zeitpunkt, und deswegen muss hier interveniert werden“, sagte er. Die SPD werde darüber mit der FDP reden müssen. Eine konkrete Zahl, wann eine Kappungsgrenze gelten sollte, verriet Daldrup nicht.

Auch das SPD-geführte Baumministerium prüft derzeit, wie Mie­te­r*in­nen mit Indexmietverträgen vor übermäßiger Belastung geschützt werden können. Allerdings ist das Mietrecht im FDP-geführten Justizministerium angesiedelt – und das ist noch nicht vollends überzeugt. Das Ministerium sei „sich der Diskussion um das Thema Indexmieten bewusst. Ob hier gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, muss noch geprüft werden“, heißt es auf Nachfrage der taz aus dem Justizministerium. Der Deutsche Mieterbund fordert bereits seit Wochen eine solche Kappungsgrenze. Der Eigentümerverband Haus und Grund lehnt eine solche ab.

Zum Hintergrund: Indexmieten sind direkt an die Inflation gekoppelt, berechnet werden sie über den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes. Bei einer vereinbarten Indexmiete dürfen Ei­gen­tü­me­r*in­nen die Miete jährlich um diesen Wert steigern. Die Anfangsmiete muss sich zwar nach dem örtlichen Mietspiegel richten. Danach gilt für die Indexmiete allerdings keine Kappungsgrenze mehr. Für viele Mie­te­r*in­nen kann das nun zum Problem werden. Im Mai erreichte die Inflation mit 7,9 Prozent den Höchstwert seit der Wiedervereinigung.

Kühnert fordert Tempo vom Justizminister

Die Spannungen in der Ampelkoalition nehmen offenbar zu. Um perspektivisch stärker zu entlasten, forderte SPD-Generalsekretär und Mietenpolitiker Kevin Kühnert den Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen für Mie­te­r*in­nen schnell anzugehen. Unter anderem gehe es dabei um die Absenkung der sogenannten Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von derzeit 15 auf 11 Prozent.

Es gebe keinen Grund, die vereinbarten Reformen weiter zu verzögern, sagte Kühnert. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe gesagt, gegen die Krise müssten alle Überstunden machen. „Vielleicht fängt Herr Buschmann einfach an mit den Überstunden und sorgt dafür, dass das nach der Sommerpause zackig funktioniert mit der Gesetzgebung“, sagte Kühnert.

Auch das vereinbarte Vorhaben der Wohngemeinnützigkeit soll zügig umgesetzt werden, um den Bau bezahlbarer Wohnungen zu beschleunigen. Nach Vorstellung der Vizefraktionschefin Verena Hubertz sollen Wohnungsbauer Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie bezahlbaren Wohnraum schaffen. Renditen sollen nur begrenzt möglich sein, aber auch zu Reinvestitionen verpflichten. Die Wohngemeinnützigkeit solle dafür sorgen, dass Mieten „zehn Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen. Nach der Sommerpause wolle sie „mit FDP und Grünen austarieren, wie so ein Konzept aussehen kann“, sagte Hubertz. Die alte Wohngemeinnützigkeit wurde 1990 abgeschafft.

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