Wirtschaftskrise in Sri Lanka: Nur ein Vorgeschmack

Wegen steigender Lebensmittel- und Energiepreise ist in Sri Lanka die Regierung zusammengebrochen. Das könnte noch vielen anderen Ländern passieren.

Männer schieben ihre kleinen TukTuk-Autos von draußen, mit einem Arm nach drinnen gestreckt, ans Lenkrad

Wenn kein Benzin mehr da ist, muss man schieben. Sri Lankas Hauptstadt Colombo im April 2022 Foto: Eranga Jayawardena/ap

Noch vor wenigen Jahren galt Sri Lanka als Hoffnungsträger in der Region. Der Tourismus florierte, die Mittelschicht wuchs. China und Indien buhlten mit Milliar­den­investitionen um die Gunst der geostrategisch wichtigen Insel im Indischen Ozean. Das lockte auch das internationale Kapital.

Was in letzter Zeit in Sri Lanka passierte, könnte allerdings bald auch in vielen anderen Ländern folgen. Das Benzin ging aus, die Energiepreise schossen in die Höhe. Menschen können nicht zur Arbeit, weil Busse nicht mehr fahren. Die Preise für Waren des täglichen Bedarfs sind in unerschwingliche Höhen gestiegen und treiben Millionen in die bittere Armut. Die Inflation bei Lebensmitteln beträgt 57 Prozent. Viele Familien sind auf staatliche Reiszuteilungen und Spenden von Hilfswerken oder Privatpersonen angewiesen. Zehntausende leiden bereits unter Hunger. Von einer „humanitären Krise“, spricht Scott Morris von der Denkfabrik Center for Global Development in Washington.

Nun wäre es ein Leichtes, die Sündenböcke in der Herrscherfamilie Rajapaksa zu suchen, die für ihre jahrelange Misswirtschaft bekannt ist. Auch die hohe Auslandsverschuldung des Landes trägt zur Verschärfung dieser Krise bei. Dennoch ist es selten, dass ein Staat mit mittleren Einkommen einen so vollständigen Zusammenbruch erlebt wie derzeit Sri Lanka. Zu solchen Katastrophen kam es bisher eher in extrem armen Ländern wie in Afrika südlich der Sahara oder im kriegsgebeutelten Afghanistan. Nun aber sind auch „mittelständische“ Länder in Gefahr. Die Katastrophe in Sri Lanka ist nur ein Vorgeschmack darauf, was vielen anderen Ländern in den nächsten Monaten ebenfalls droht.

1,2 Milliarden von Armut und Hunger bedroht

Denn unter den massiv gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen im Zuge der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine leidet die ganze Welt. In den Industrieländern liegt die Inflation bei rund 8 Prozent. In den Ländern des Globalen Südens und auch vielen Schwellenländern betragen die Preissteigerungen 50, 80, in einigen Ländern gar 100 Prozent. Und das ausgehend von einem sehr viel niedrigerem Niveau. Während hierzulande die meisten beim Urlaub und beim Konsum Abstriche machen müssen, geht es für einen Großteil der Weltbevölkerung um die nackte Existenz.

Rund 1,6 Milliarden Menschen in 94 Ländern trifft die Krise bei Lebensmitteln, Energie und Finanzsystemen auf mindestens eine Weise, geht aus einem UN-Bericht vom Juni hervor. Etwa 1,2 ­Milliarden sind akut von Armut und Hunger bedroht. Oft bleibt ihnen also nichts anderes als Protest oder Flucht.

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