Technik-Akademie für Rüstungsforschung: Die Zivilklausel soll fallen

Die Akademie der Technikwissenschaften plädiert für einen Ausbau der Rüstungsforschung. Zivilklauseln sollen „kritisch überdacht“ werden.

Ein soldat sitzt an einem Rechner

Digitale Kriegsführung und Verteidigung ist immer mehr auf IT und Cybersicherheit angewiesen

BERLIN taz | Die „Zeitenwende“ nach dem Putin-Überfall auf die Ukraine erreicht mit einem neuen Schlenker die deutschen Hochschulen. Nach dem Abbruch der Kontakte zu russischen Wissenschafts-Partnern soll nun die Rüstungsforschung wieder salonfähig werden. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften „acatech“ stellte vor Kurzem ein Papier vor, das für eine „Neuaushandlung sicherheitspolitischer Prioritäten“ in Unis und Forschungsorganisationen plädiert. Damit würde das Ende der „Zivilklauseln“ eingeleitet, mit denen einige Hochschulen in ihren Satzungen das Verbot militärisch nutzbarer Forschung förmlich verankert haben.

Verfasst haben das dreißigseitige Papier mit dem Titel „Sicherheit, Resilienz, und Nachhaltigkeit“ der amtierende Acatech-Präsident Jan Wörner, zuletzt Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur ESA, und der Chef des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Christoph M. Schmidt.

„Um Frieden und Wohlstand zu ermöglichen, sollte die Folgerung aus dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine lauten, strategische Souveränität zu erlangen und zu festigen, um gleichermaßen Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit gewährleisten zu können“, lautet ihr Fazit.

Zu den vorgeschlagenen Veränderungen, wie einer Europäischen Verteidigungsagentur oder einem grundsätzlichen neuen Beschaffungswesen der Bundeswehr, zählt auch die Wissenschaft. Rüstungsgüter für die Modernisierung der Bundeswehr „sollten sowohl von Verbündeten gekauft als auch selbstständig oder mit Partnern entwickelt werden“.

Die Stärken nutzen

Dabei gelte es, deutsche Forschungsstärken zu nutzen, wie in der Sensorik, die „strategisch klug“ eingesetzt werden soll. Da die digitale Kriegsführung wie Verteidigung heute zentral auf Informationstechnik und Cybersicherheit angewiesen ist, müsse hier verstärkt investiert werden.

Der neue Forschungsschwenk an den Hochschulen werde aber durch „Zivilklauseln“ behindert

Eine erste Analyse ergibt nach dem Acatech-Papier folgende Lage: „Wir sind in Deutschland bei vielen Technologien der IT-Sicherheit gut aufgestellt, viele Firmen entwickeln erfolgversprechende (Nischen-)Produkte. Gleichzeitig sehen wir uns jedoch gerade im IT-Bereich mit einem Fachkräftemangel konfrontiert“. Gegenwärtig finde die Forschung zu Cybersicherheit zudem „oft in einem Graubereich“ statt, weil Forscher dazu in fremde Systeme eindringen müssen, um sie zu analysieren und Schwachstellen offenzulegen.

Der neue Forschungsschwenk an den Hochschulen werde aber, so die Autoren weiter, durch „Zivilklauseln“ be­hindert, wonach Forschung nur für zivile Zwecke betrieben werden darf. In zwei Bundesländern, in Thüringen und im Saarland, gilt das per Gesetz landesweit. Zahlreiche Hochschulen haben die Zivilklausel in ihre eigenen Satzungen aufgenommen.

„Aufgrund der geänderten Voraussetzungen sollten diese Zivilklauseln jedoch kritisch überdacht werden“, fordert das Acatech-Papier, um auch gleich eine Brücke zu bauen: „Technikforschung für militärische Zwecke sollte allerdings gleichzeitig immer durch eine Begleitforschung und den Dialog mit den Beteiligten und der Gesellschaft flankiert werden“. Partizipation in der Verteidigungsforschung – das hat es bisher nicht gegeben.

Dabei gelte es, deutsche Forschungsstärken zu nutzen, wie in der Sensorik, die „strategisch klug“ eingesetzt werden soll. Da die digitale Kriegsführung wie Verteidigung heute zentral auf Informationstechnik und Cybersicherheit angewiesen ist, müsse hier verstärkt investiert werden.

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