Problem-Paar mit Hundefaible: Die Insta-Cop und der Nazi-Schläger

„Insta-Cops“ sollen das Image von Niedersachsens Polizei verbessern. Doch eine von ihnen lebt mit einem bekannten Rechtsextremen zusammen.

Screenshot eines Instagram-Posts, der eine Frau zeigt, die mit einem Hund kuschelt. Rechts im Bild ist der Name des Instagram-Accounts zu sehen: polizei.hannover.aj

Kuscheln mit Hunden ist für Niedersachsens Polizei okay, kuscheln mit Nazis nicht Screenshot: Instagram

HAMBURG taz | Hobby und Beruf verbinden – den Wunsch konnte sich Anna Jendrny erfüllen. Die Polizeikommissarin bei der Hundestaffel in Hannover zeigt ihre berufliche Erfüllung gern. Bei Instagram lächelt die Beamtin mit blonden Haaren viel in die Kamera. Ihr Diensthund Kenai ist auch oft auf den Bildern zu sehen. Es ist kein privater Account. Sie gehört zu den „Instagram-Polizist:innnen“, mit denen ihre Dienststelle ein sympathisches Image für die Polizei generieren möchte. Mit Erfolg: Die 29-Jährige hat fast 8.500 Follower. Auch etliche regionale Medien haben schon wohlwollend über das „tierisch gute Team“ berichtet.

Der schöne Schein bekam aber nun einen braunen Riss. In den sozialen Medien finden sich nämlich auch ganz andere Bilder der Polizistin. Via Twitter wies das „Recherche Kollektiv Ostwestfalen“ auf den Lebenspartner der Kommissarin hin: Jannik Rohlfing. Auf Urlaubsfotos aus Norwegen und Dänemark posieren sie 2021 und 2022 zusammen. Mit dabei ist auch der Privathund Bronson.

Seit über zehn Jahren bewegt sich der 32-jährige Rohlfing in der rechtsextremen Szene. Vor Ort in der Region Ostwestfalen-Lippe war er auch in eine militante Aktion involviert: Am 28. November 2010 stürmte er mit Kameraden die alternative Kneipe „Hamburger Hof“ in Minden. Sie verletzten einen Gast, zerstörten die Einrichtung. Den linken Gästen hätten sie „einen Denkzettel verpassen“ wollen, sagte Rohlfing im Prozess 2013. Das Landgericht Bielefeld verhängte geringe Geldstrafen. Rohlfing musste wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 600 Euro zahlen.

Rechtsextreme Posen auf Instagram

Das Urteil führte nicht zu einer ­Distanzierung von der Szene. Im Milieu um den rechtsextremen Kader Marcus Winter aus Minden war Rohlfing weiterhin aktiv. 2014 übernahm er im August in Bad Nenndorf bei einem „Trauermarsch“ eine Ordnerfunktion. Im Oktober desselben Jahres beteiligte er sich an der Gründung des Stützpunktes Hermannsland für die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“.

Mit seinem Projekt ‚„Insta-Cops“ ist Niedersachsen nach eigenen Angaben bundesweit Vorreiter. 2021 betrieben 33 Polizist:innen „nebenamtlich“ einen Social-Media-Account, davon 28 bei Instagram.

Damit will man einerseits den Wildwuchs privater Kanäle von Beamt:innen einhegen, auf denen Dienstliches und Privates vermischt wird.

Mit ihren Kanälen sollen die „Insta-Cops“ aber auch dort Präsenz zeigen, „wo sich eine Vielzahl unserer Bürgerinnen und Bürger tagtäglich aufhält: in den sozialen Netzwerken“, sagt Landespolizeipräsident Axel Brockmann.

Die Präsenz in der digitalen Welt biete die Möglichkeit, die alltägliche Arbeit der Polizei darzustellen – und um „Vertrauen und um Nachwuchs“ zu werben, heißt es aus dem niedersächsischen Innenministerium.

Auch für die Öffentlichkeitsfahndung könne die Polizei in sozialen Medien schnell eine hohe Reichweite erzielen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen sieht „positive Effekte haben auf das Berufsbild, bei der Nachwuchsgewinnung und auf die Beziehung zwischen Polizei und Bevölkerung“. Den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen müsse aber auch klar sein, was es bedeute, in den sozialen Medien ihr Gesicht zu zeigen.

Auf der Straße ist Rohlfing in den vergangenen Jahren nicht mehr durch politische Aktivitäten aufgefallen. Ist er ausgestiegen? Hat er die rechte Ideologie hinterfragt und die Kontakte abgebrochen? „Nein“, sagt eine Sprecherin des „Recherche Kollektivs“ und verweist auf Rohlfings Selbstinszenierung bei Instagram. Dort posiert der gelernte Zimmerer und Restaurateur auf einem Bild in einem T-Shirt der rechtsextremen Band „Überzeugungstäter“ mit klarer Botschaft: „Kampf bleibt der Vater aller Dinge“. Im gleichnamigen Lied intoniert der Sänger: „Einst wagte es ein Mann, ein System zu reformieren. Das nur dem Volke dienen sollte und nicht mehr dem einen Tiere. Wie Figuren auf dem Schachbrett wollte man uns alles nehmen. Doch eine Weltanschauung wie die unsere, kann man nicht in Ketten legen.“ Welchen Mann meint die Band wohl damit, welche „Weltanschauung“?

Auf einem anderen Foto trägt er einen Pullover des rechtsextremen Musik­labels OPOS-Records. Das Kürzel OPOS steht für „One People One Struggle“, übersetzt: „Ein Volk, ein Kampf“. Außer Rechtsrock und Bekleidung können auf der Website auch Reichsfahnen und Erinnerungen eines Freiwilligen der Waffen-SS bestellt werden. Auf einem weiteren Foto trägt der kampfsportbegeisterte Rohlfing ein Shirt von „Phalanx Europa“ aus dem Spektrum der rechtsextremen Identitären Bewegung. Doch nicht allein die Bilder deuten darauf hin, dass bei Rohlfing kein Umdenken eingesetzt hat. Kameraden aus der Szene kommentieren die Bilder auch anerkennend und wünschen einen „schönen Urlaub. Komm gesund und Munter wieder nach Hause“.

Dass Rohlfing in der Öffentlichkeit nicht mehr auftaucht, überrascht die Sprecherin des „Recherche Kollektivs“ nicht. „Politischer Aktivismus in der Neonazi-Szene ist häufig an die jeweiligen Lebensphasen gebunden“, sagt sie. Im Jugend- und jungen Erwachsenenalter häuften sich Demobesuche, öffentlichkeitswirksame Inszenierungen und gewaltsame Übergriffe. Mit „fortschreitendem Alter“ gebe es viele Rechtsextreme, die öffentliche Auftritte vermeiden würden. Diese Zurückhaltung gehe oft mit einem festem Beruf und der Gründung einer eigenen Familie einher.

Dass die Kommissarin mit einem Rechtsextremen zusammen ist, sie auch den Diensthund zusammen erziehen, der im gemeinsamen Haushalt lebt, sei nicht hinnehmbar, sagt die Sprecherin. Und sie fragt, „ob sie ihren Dienst ­neutral ausüben kann?“.

Ein Mensch steht vor einer Gebirgskulisse. Er trägt ein T-Shirt mit dem Text "Der Kampf bleibt der Vater aller Dinge" auf dem Rücken

Frisches rechtsradikales Statement: T-Shirt mit Songtitel der Rechtsrock-Band „Überzeugungstäter“ Screenshot: Instagram

Die Problematik von Beziehungen in die rechte Szene ist nicht neu. 2012 flog bei den olympischen Spielen die Beziehung einer Ruderin im deutschen Kader zu einem Rechtsextremen auf. Die Polizeimeisteranwärterin gehörte zur Sportfördergruppe der Landespolizei. Sie brach die Ausbildung ab und schied aus der Fördergruppe aus.

Die Polizei Hannover prüft den Fall

Im Fall Jendrny teilte ein Sprecher der Polizeidirektion Hannover mit, diese habe „sofort eine intensive Überprüfung eingeleitet“. „Sollte sich der Verdacht eines Fehlverhaltens bestätigen“, so der Sprecher weiter, „wird sofort ein dienst- und gegebenenfalls auch strafrechtliches Verfahren eingeleitet, von deren Ergebnis gegebenbenenfalls weitere Maßnahmen abhängen.“

Der von Jendrny „nebenamtlich im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit“ betriebene dienstliche Instagram-Account sei „mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres gesperrt“ worden.

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