Eine Sommerbegegnung mit Trampolin: Energie für alle

Am Rand des Spielplatzes waren zwei Gummiflächen in den Boden eingelassen. Erst sprang dort ein kleiner Junge. Dann kam der Mann, der alles änderte.

Ein Kind hüpft mit seiner Mutter auf einem Trampolin auf einem Kinderspielplatz.

Hoch, hoch, höher: so könnte ein Absprung in den Sommer aussehen Foto: dpa / Julian Stratenschulte

Es ist einer dieser seltenen Tage, über 30 Grad warm, in denen Hamburg mediterran anmutet, von einem südlichen Flair durchzogen. Der Himmel ist türkisblau, helles Licht flirrt durch die Bäume. Doch viele Menschen haben sich nach drinnen zurückgezogen, warten darauf, dass die Kühle einsetzt, die sich spät abends wie ein kalter Mantel um den schwülen Tag legt.

Das ganze Jahr über klagen viele über das trübe Wetter. Und wenn der Hochsommer da ist, wird die Sonne ausgesperrt, weil sie zu viel ist. Bis der nächste graue Tag einsetzt wie eine Nackenschelle: Voilá, wir sind wieder da, von wo wir gekommen sind.

Doch die Kinder sind draußen. Sie spielen in den Parks, springen in der Hitze. Am Rand eines Spielplatzes sind zwei Gummiflächen in den Boden eingelassen. Sie bilden eine unauffällige, elastische Unterbrechung des festen Bodens. Ein kleiner Junge hüpft auf einer der Gummiflächen. Er lernt gerade das Trampolin­springen. Eine Frau springt mit ihm, hält ihn an den Händen, bis sie sich auf die Bank im Schatten verzieht. Der Junge springt weiter, seine Beinchen sind durchgestreckt und staksig. Sein Gewicht ist zu gering, um hoch zu springen. Doch er hüpft glücklich und eifrig.

Da gewittert es in der Ferne. Die Menschen schauen prüfend zum Himmel, ein paar Tropfen fallen. Doch kein Regen setzt ein. Die Schwüle bleibt.

Plötzlicher Rückwärtssalto

Ein sportlicher, etwa 30-jähriger Mann mit länglichem Haar und eine Frau gehen zur anderen Trampolinfläche. Die Frau trägt hochhackige Schuhe und ein Kleid. Sie tritt lachend auf die Gummifläche, prüft, wie sich ihre Schuhe darauf verhalten. Dann hüpft sie. Es sieht gefährlich aus, wie sie mit den Absätzen auf dem Gummi aufkommt, als könnte sie jeden Moment mit dem Knöchel umknicken. Doch das Trampolin macht auch sie glücklich. Sie lächelt. Dann gibt sie die Fläche frei.

Mit einem entschiedenen Sprung hebt der Mann neben ihr von der Erde ab und hüpft mitten auf die Trampolinfläche. Das Gummi quietscht laut, der Mann federt hoch, weit in den Sommerhimmel hinein.

Der Junge auf dem anderen Trampolin steht still und schaut ihn ehrfurchtsvoll an. Auch die Eltern auf den Bänken beobachten ihn. Der Mann springt zum Rand der Gummifläche. Er federt, dann macht er von dort plötzlich einen hohen Rückwärtssalto. Schnell und kraftvoll rollt er durch die Luft und landet sicher.

Die Menschen raunen, sie lachen, klatschen Applaus. Der Junge versucht, durch ihn inspiriert, noch federnder zu springen. Er hüpft tatsächlich höher. Es ist, als hätte der Mann allen Energie gegeben. Hoch fliegt er in die Luft. Ein Sinnbild des Sommers. Ein Ausdruck von Lebensfreude. Hoch hinaus in den blauen Himmel, nicht zurück ins kühle Dunkel. Noch einmal macht er einen Rückwärtssalto, höher als beim ersten Mal. Wieder klatschen alle. Ein Mensch, der alles verändert. „Ihr müsst nicht jedes Mal klatschen“, sagt der Mann, als wolle er nicht, dass aus seinen Sprüngen eine Nummer wird.

In seinen Sprüngen liegt so viel Kraft und Unerschrockenheit und Bejahung. Das Trampolin quietscht und ächzt. Alle staunen. Es wirkt, als würden nun alle um ihn höher kommen wollen. Die Kinder wie die erschöpften Erwachsenen. Hoch, hoch, höher. Entschieden abspringen und hineinfliegen in diesen Sommer, in das Leben hinein.

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Christa Pfafferott schreibt die Kolumne "Zwischen Menschen" für die taz. Sie wurde zum Dr. phil. in art. an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg promoviert. Sie hat zuvor Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert und die Henri-Nannen-Journalistenschule absolviert. Sie lebt als Autorin und Regisseurin in Hamburg.

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