Bahnverkehr am Wochenende: Radeln bis zur Verkehrswende

Wer mit Bahn und Rad am Wochenende unterwegs ist, strandet oft irgendwo, weil Züge überfüllt sind. Das hat wenig mit dem 9-Euro-Ticket zu tun.

Menschen drängen in einen überfüllten Zug

Aussteigen, bitte: Überfüllter Regionalzug in Berlin Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

BERLIN taz | Genau zwei Stationen weit kommen wir am Sonntag mit der S-Bahn von Pankow aus in Richtung Norden, dann müssen wir raus: Schienenersatzverkehr. Nun gut, den können wir nicht nutzen, die Kinder und ich sind mit dem Rad unterwegs. Fahren wir halt mit dem Fahrrad zum See. Ist ein bisschen weit bei der Hitze – aber, verspreche ich den Kindern, „fahren wir zurück einfach mit der Regionalbahn!“

Am See angekommen, tue ich das, was ich vorher hätte tun sollen: Ich informiere mich in der DB App über die Rückfahrmöglichkeiten mit besagter Regionalbahn. Der nächste Zug der Heidekrautbahn von Wandlitz fährt – gar nicht, beziehungsweise am Montagmorgen. Bauarbeiten. Aber halt, es gibt ja noch die Bahn, die von Bernau über Hohenschönhausen in die Stadt zurück fährt. „Nehmen wir halt die“, erkläre ich den Kindern. Das ist immerhin eine Perspektive, die sie weitgehend ohne Gemaule bis nach Bernau zurückfahren lässt.

Natürlich sind wir nicht mit dieser Bahn gefahren. Zwei (!) Waggons zuckelten schließlich in den Bahnhof ein. Beide Wagen bereits hoffnungslos überfüllt mit Menschen, Kinderwagen und Fahrrädern – klar, es war ja auch die einzige Verbindung, die es noch in Richtung Stadt gab, wenn man nicht den Schienenersatzverkehr der S-Bahn nehmen konnte, weil man ein Fahrrad dabei hatte.

Nun ist mir schon klar, dass ich ja auch einfach die Räder hätten zu Hause lassen können. Dann hätten wir halt von der nächstgelegenen Bushaltestelle zum See wandern können. Ich verstehe außerdem, dass in den Sommermonaten Baustellen stattfinden, weil man die Be­rufs­pend­le­r*in­nen nicht noch zusätzlich in den Wahnsinn treiben will. Auch das 9-Euro-Ticket ist mir bekannt.

Viel zu selten berichtet

Aber gerade weil seit der Einführung von Letzterem vor allem auch meine Kol­le­g*in­nen wie verrückt Reportagen aus vollen Zügen schreiben und Bahnsteige beobachten, muss man sagen: Man hat in der Vergangenheit vermutlich noch viel zu selten berichtet, gerade weil viel von diesem Chaos gar nicht so sehr mit dem 9-Euro-Ticket zu tun hat, sondern einfach immer schon da war.

Man kann also gar nicht oft genug darüber schreiben, dass es doch eigentlich nicht sein kann, dass einem die Verkehrswende so schwer gemacht wird. Wer vorbildlich das (Carsharing-)Auto stehen lässt, in dem Glauben, in der ökologisch korrekten Version Bahn+Rad an irgendein Wochenendziel zu kommen, bekommt hinterher zum Dank das Gefühl, ein bisschen bescheuert zu sein.

Die Bahn teilt auf Nachfrage mit, warum man denn wirklich alle Linien von Berlin in Richtung nördliche Seenregion auf einmal kappen muss an einem Sonntag: „Umfangreiche Bauarbeiten am Karower Kreuz waren der Grund für die Einschränkungen, davon waren alle genannten Linien betroffen.“ Die seien auch alle „mit sehr viel Vorlauf geplant und lassen sich nicht verschieben“, sagt ein Sprecher. Und: „Die Baustellen sind nötig, um die Kapazität im Netz zu erhöhen, nur so kann die Verkehrswende gelingen.“

Wir sind dann den ganzen Weg in die Stadt zurück geradelt, zum Glück sind die Kinder schon groß genug. Der ältere stellte fest, als wir so fuhren und fuhren: „Also, eigentlich kann man ohne Auto echt schlecht an den See fahren.“

Wenn das als Fazit bleibt von so einem Wochenende, dann ist das schlecht. Dringend nötige Baustellen für die Verkehrswende: klar! Aber es beschleicht einen doch das Gefühl, dass all diese dringenden Baustellen sehr spät kommen, wenn bis zur irgendwann einmal erhöhten Kapazität fast gar nichts mehr geht.

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